All diese Besucher wollten nicht nur mit Lebensmitteln und Schlafstätten versorgt, sondern in ihrer Freizeit auch unterhalten werden. Eine Möglichkeit hierfür boten Ritterturniere, die meist außerhalb der Konstanzer Stadtmauern, auf dem kleinen Brühl ausgetragen wurden.

Die Richental-Chronik berichtet von einem solchen Turnier am 20. März 1415, das von ganz besonderer Bedeutung gewesen sei. An diesem Tag floh Papst Johannes XXIII. aus der Stadt, um der Enthebung seines Amtes zu entgehen. Dabei soll ihm, so berichtet die Chronik, das Gestech zwischen Herzog Friedrich IV. von Österreich und dem jungen ungarischen Grafen Friedrich II. von Cilli, Schwager König Sigismunds, als Tarnung gedient haben: Heimlich habe sich der Papst als Knappe verkleidet und mit einer Armbrust bewaffnet aus der Stadt geschlichen. Nach dem verlorenen Turnier sei Friedrich IV. von Österreich dem Papst in Windeseile in Richtung Schaffhausen nachgeritten und habe sich damit als Johannes´ Komplize enttarnt – eine verhängnisvolle Komplizenschaft, die die Belegung mit der Reichsacht und den Verlust all seiner Besitzungen zur Folge hatte.

In den meisten anderen Überlieferungen hingegen wird berichtet, dass der Papst vom 20. auf den 21. März in der Nacht geflohen sei. Nicht unwahrscheinlich also, dass Richental die Geschichte der Papstflucht mit einer Anekdote angereichert hat, die so nie wirklich stattfand. Eine beliebte Unterhaltungsform stellten Turniere, die oft mit Tanz und Musik endeten, jedoch in jedem Fall dar – auch für die zahlreichen Besucher des Konstanzer Konzils.

Carolin-Therese González Fürderer, Lina Truckenbrod

 

Bild: Turnierszene in der Richentalchronik, Handschrift St. Georgen, fol. 53v-54r, copyright Badische Landesbibliothek Karlsruhe