Sind Sie ChristIn? Oder MuslimA? Oder Jude oder Jüdin? BuddhistIn? HinduistIn? Und Ihre Freunde oder Nachbarn? Heutzutage ist es ganz normal, dass wir alle zusammenleben, im selben Supermarkt einkaufen und dieselben Rechte haben. Und das ist gut so! Während der Konzilzeit waren vor allem Christen in Konstanz unterwegs, es gab aber auch jüdische Bewohner und manchmal auch muslimische Gäste. Und alle feierten und feiern auch heute noch ihre eigenen Feste!

Vor 600 Jahren kamen tausende von Menschen nach Konstanz, die alle ganz unterschiedlich aussahen, völlig unterschiedliche Kleider trugen und ganz viele verschiedene Sprachen sprachen, so dass sie sich oft untereinander gar nicht verständigen konnten. Doch eines war ihnen gemeinsam: sie waren Christen. Das ist auch logisch, denn das Konstanzer Konzil war eine christliche Versammlung, auf der man Fragen rund um den christlichen Glauben besprechen wollte. Zum Beispiel, wer der nächste Papst sein sollte.

Dass so viele Christen in der Stadt waren (insgesamt kamen ungefähr 80.000 Menschen nach Konstanz!), hatte zur Folge, dass man sie auch ganz oft ihre Feste feiern sah. So zum Beispiel an Fronleichnam, einem der wichtigsten katholischen Feiertage im Jahr. Die Katholiken erinnern bei diesem Fest an die Anwesenheit Jesu Christi. Neben dem Gottesdienst gibt es zu diesem Fest oft auch Fronleichnamsspiele oder eine Fronleichnamsprozession. So auch zur Konzilzeit. Da zogen die Geistlichen, begleitet von den Gläubigen feierlich durch die ganze Stadt.

Aber es waren während der Konzilzeit nicht nur Christen in Konstanz. Auch jüdische Menschen lebten in der Stadt. Sie zogen während des Konzils feierlich vor den neugewählten Papst Martin V., um sich ihre Privilegien, das heißt ihre besonderen Rechte, bestätigen zu lassen. Im Mittelalter war es für Menschen, die einer anderen Religion als die Mehrheit angehörten, nämlich noch nicht selbstverständlich, dass sie dieselben Rechte hatten wie alle anderen auch. Und sie feierten ihre eigenen Feste.

Zum Beispiel Rosch ha-Schana, das jüdische Neujahrsfest. Da der jüdische Kalender sich am Mond orientiert, statt wie der gregorianische Kalender an der Sonne, verschieben sich die Termine jedes Jahr, so dass die Feste nie am selben Tag stattfinden, sondern man immer nachrechnen muss. Im Jahr 2017 fällt das zweitägige jüdische Neujahrsfest auf den 20.-22. September. Es ist ein Fest der Freude und der Ehrerbietung gegenüber Gott. Nach dem Morgengottesdienst in der Synagoge wird zu Hause ein Festessen veranstaltet. Der wichtigste Brauch ist zu Rosch ha-Schana das Blasen der Schofar. Das ist ein hohles Widderhorn und wird wie ein Musikinstrument verwendet. Wer es bläst gibt eine Art Versprechen, sich im neuen Jahr gottesfürchtig und moralisch einwandfrei zu verhalten.

Muslimische Besucher waren zur Konzilzeit vermutlich nicht in Konstanz. Diese lebten meist sehr weit entfernt und da man früher in der Regel zu Fuß reiste und es sich bei dem Konzil ja um eine christliche Versammlung handelte, hatten sie auch keinen Grund nach Konstanz zu kommen. Aber dort wo sie lebten feierten sie auch viele Feste! Zum Beispiel das Opferfest. Es ist das wichtigste Fest der Muslime und heißt auf Arabisch Id al-Adha. Dabei werden Muslime auf der ganzen Welt daran erinnert, Allah zu vertrauen. Im Gott-Vertrauen ist der Prophet Abraham vielen Muslimen aber auch Juden und Christen ein großes Vorbild. In allen drei Religionen heißt es, dass Abraham Gott so sehr vertraute, dass es sogar bereit war, seinen eigenen Sohn zu opfern. Als Gott das sah, erlöste er Abraham, und dieser musste nur ein Tier opfern. In Erinnerung daran schlachten viele Muslime zum Opferfest ein Tier, dessen Fleisch sie dann durch drei teilen: die Familie isst ein Drittel, die Verwandtschaft ein weiteres und den letzten Teil erhalten bedürftige Menschen.

 

Bilder:
links: Zum christlichen Fronleichnamsfest gibt es oft eine Prozession. © Richental Chronik, Konstanzer Handschrift, Rosgartenmuseum Konstanz.
mittig: Beim jüdischen Neujahrsfest bläst man die Schofar, ein hohles Widderhorn.
rechts: So allerlei Botengänge waren als Pferdeknecht zu erledigen. © Richental Chronik, Handschrift St. Georgen 63, Badische Landesbibliothek Karlsruhe.