Verlauf des Konstanzer Konzils

Ende 1414 erreichten die ersten hohen Vertreter von Adel und Klerus die Reichsstadt, wobei jeder Würdenträger seinem Rang entsprechend empfangen wurde.

Der einzige der drei Päpste, Johannes XXIII. aus Pisa, der zum Konzil erschienen war, um seine eigene Stellung zu behaupten, floh bereits Anfang 1415 aus der Stadt, um seiner drohenden Absetzung zu entgehen. Tatsächlich geriet das Konzil hierüber in Aufruhr und drohte zu zerbrechen. König Sigismund gelang es allerdings, die zerstrittenen Teilnehmer in dieser Angelegenheit zu vereinen, sodass das Konzil den geflohenen Papst in Breisach gefangen nehmen und absetzen konnte. In seiner Gefangenschaft teilte sich Johannes zeitweilig das Gefängnis mit dem Prager Magister Jan Hus, der wegen seiner reformatorischen Ansichten vom Konzil im Juli 1415 als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.

Unter dem Eindruck der Absetzung des Pisaner Papstes erklärte im gleichen Sommer 1415 der stadtrömische Papst Gregor XII. seine Bereitschaft, zugunsten eines zu wählenden Papstes zurückzutreten. Damit musste nur noch der avignonesische Papst Benedikt XIII. zum Rücktritt bewegt werden, der sich allerdings strikt weigerte. Sigismund gelang es, Benedikt seine wichtigsten Fürsprecher zu entziehen und sie zu überzeugen am Konzil teilzunehmen. So konnte Benedikt XIII., der sich inzwischen ins nordspanische Peñíscola zurückgezogen hatte, 1417 vom Konzil für abgesetzt erklärt werden. Damit konnte im November 1417 Oddo di Colonna zum – einzigen – Papst Martin V. ausgerufen werden, womit das Konzil seine Hauptaufgabe erfüllt hatte. Viele weitere Aufgaben blieben jedoch ungelöst, als sich die Versammlung 1418 auflöste.

Doch auf dem Konstanzer Konzil wurden nicht nur theologische Themen verhandelt: Die politischen Brennpunkte der Zeit spielten eine wichtige Rolle. So standen sich beispielsweise im Norden der Deutsche Orden und Polen sowie Litauen, im Westen standen England und Frankreich unversöhnlich gegenüber. Doch trotz der kriegerischen Konflikte tauschten sich in Konstanz die Kontrahenten in Diskussionen aus, um nach Lösungen zu suchen – Dialoge statt Waffengewalt. Außerdem lud König Sigismund zu zwei Reichstagen. Konstanz bildete für die Dauer des Konzils so etwas wie die Hauptstadt des Römischen Reiches. (sb)