Sittsamkeit und Reinlichkeit

„Wolher in bad reich unde arm, das ist jetz und geheizet warm." Wohl fast jeder Kältegeplagte würde dieser Einladung eines Baders im Winter nur zu gerne Folge leisten. Eine mittelalterliche Badstube ist nämlich mit einer Saune, wie wir sie heute kennen, vergleichbar.

Das für Konstanz wohl populärste Zeugnis einer Schwitzkammer-Badstube befindet sich im „Haus zur Kunkel". Das Fresko zeigt, wie sich die Weber nach getaner Arbeit reinigen und erholen. Erkennbar ist neben Personal und Besuchern ein Ofen mit Steinen, die mit Wasser übergossen wurden, um die entsprechende Temperatur zu erreichen.

Nur an Sonn- und Feiertagen war das Baden nicht gestattet, ansonsten standen den Konstanzer Bewohnern die Türen der Badestuben täglich offen. Um jedoch die strikte Geschlechtertrennung für das wöchentliche Bad zu gewährleisten, wurden strenge Badezeiten festgelegt, bei deren Zuwiderhandlung empfindliche Geldbußen drohten. Im Gegensatz zur heutigen Nacktkultur in der Sauna trugen Männer eine Badeschürze, und Frauen zogen ein sogenannten badher an. Voyeure kamen nicht auf ihre Kosten, denn meist waren die Badstuben so dunkel und von Dampfschwaden gefüllt, dass eine klare Sicht auf die spärlich bekleideten Besucher unmöglich war.

Der Fußweg zum Baden gestaltete sich relativ kurz, denn es gab in Konstanz keine speziellen Gewerbestraßen oder Badstubenviertel. Entscheidend für den Standort einer Badstube waren die Frischwasserzufuhr und die Schmutzwasserentsorgung. Rhein und See boten natürlich anfangs die besten Möglichkeiten, führten aber gleichzeitig auch zu Streitigkeiten. Denn wurde das Wasser oberhalb der Strömung verunreinigt, war es als Frischwasser flussabwärts nicht mehr zu gebrauchen. Durch zunehmende Gewerbedichte und Bevölkerungsgröße konnte Frischwasser nicht mehr für jedermann garantiert werden. So wurde aus den nächsten öffentlichen Brunnen, von denen es Anfang des 15. Jahrhunderts circa elf Stück in der Stadt gab, sauberes Wasser geschöpft. Dreckiges Wasser wurde später über sogenannte Ehgräben oder Wüstgräben entsorgt.

Die älteste, urkundlich für das Jahr 1297 belegte Badstube befand sich in der heutigen Münzgasse. Dem Namen nach erinnert heute noch das Haus zum Käfisbad in der Hofhalde 5 an eine Badstube. Sie lag aber wahrscheinlich am Fischmarkt. Das Bad, das am längsten seinen Betrieb aufrechterhalten konnte, befand sich an der Unteren Laube 9. Es schloss seine Türen erst 1896. Heute erinnert dort die Gaststätte zum Löhlinbad an seine ursprüngliche Nutzung.

Im Laufe der Zeit schlossen immer mehr Badstuben ihre Tore: Ein Grund war die Pest, hinzu kam aber, dass sich zwischen den Badern und Scherern zunehmende Konkurrenz entwickelte. Deren Aufgabengebiete unterschieden sich nur dadurch, dass der Bader zum Rasieren Wasser verwendete, während der Scherer die Trockenrasur praktizierte. Der Holzmangel, bedingt durch den Dreißigjährigen Krieg und die damit verbundene Preissteigerung trug ebenso ihren Teil dazu bei. Letztlich war es auch die Verlagerung des Badens in die Privathäuser, die für das Badstubensterben verantwortlich war.

(Karin Busse)