20 Jahre und sie dreht sich immer noch

Seit dem 24. April 1993 trotzt sie Wind und Wetter im Konstanzer Hafen und hat auch für den strapaziertesten Reisenden noch ein Lächeln übrig. Die Rede ist natürlich von der Imperia. Trotz ihres fast noch jugendlichen Alters hat sie bereits eine bewegte Geschichte vorzuweisen, die eng mit dem Konstanzer Konzil verbunden ist:

Heimlich von ihrem Erschaffer Peter Lenk im Hafen aufgestellt, wurde ihr die Aufmerksamkeit der Konstanzer Bevölkerung quasi über Nacht zuteil. Befestigt auf einem Sockel, der früher nur ein Seezeichen trug und von einem Panzermotor betrieben wird, hatte sie an ihrem Geburtstag 3.506.400 Umdrehungen hinter sich. Obwohl sie aufgrund der freizügigen Darstellung ihrer selbst und ihrer zwei Begleiter zunächst nicht überall auf Zustimmung stieß, hat sie sich mittlerweile zum inoffiziellen Wahrzeichen der Stadt Konstanz und zu einem der wichtigsten Touristenmagneten gemausert.

Aber was hat die Imperia mit dem Konstanzer Konzil zu tun? Eine ganze Menge, denn die Statue ist eine Hommage an die Zeit des Konzils und findet ihr literarisches Vorbild in der Kurzgeschichte „Die schöne Imperia" von Honoré de Balzac. Darin ist Imperia eine Kurtisane, die zu Zeiten des Konzils in Konstanz ihre Dienste anbietet und damit weltliche, wie geistliche Herrscher in ihren Bann schlägt – oder wie Balzac es ausdrückt: „schon manche Mitra hat sie geplündert, manchen Krummstab seiner Zier beraubt." Sinnbildlich hält auch ihr betonernes Ebenbild die königliche Krone und die päpstliche Tiara in der Hand. Ob es sich bei den beiden nackten Männlein um Sigismund und Martin V. handelt? Oder sind es doch nur zwei Gaukler, die sich die Symbole der Macht nur fälscherweise angeeignet haben? Die Interpretation bleibt dem Betrachter offen.

Das reale Vorbild von Honoré de Balzac war Lucrezia de Paris. Sie lebte erst einige Jahre nach dem Konstanzer Konzil, ihr wird aber nachgesagt, die Geliebte hochrangiger Kleriker und nebendrein noch sehr gebildet gewesen zu sein. Neben Balzacs Geschichte soll sie auch die Darstellung der Dichterin Sappho im Gemälde „Parnass" von Raffael, inspiriert haben. Dieses befindet sich heute im Vatikanischen Palast. Honoré de Balzac hat sie dann in die Geschichte des Konstanzer Konzils hineingeschrieben und die Imperia zur Symbolfigur für die große Anzahl an Hübschlerinnen, die hier gewesen sein sollen, auserkoren.

Unabhängig davon, welche Rolle die Kurtisanen nun tatsächlich auf dem Konzil spielten und ob sie wirklich die Fäden der Kirchenversammlung in der Hand hielten, so kann ihre zahlreiche Anwesenheit doch als sicher gelten. Schon Ulrich Richental berichtete von über 700 Prostituierten, die „Heimlichen" ließ er dabei unberücksichtigt. Damit ist die Imperia nicht nur auf dem Hafenboden, sondern auch fest in der Konstanzer Stadtgeschichte verankert und ein facettenreiches Wahrzeichen für die geschichtsträchtige Stadt.

Alles Gute zum Geburtstag, liebe Imperia, bleib so wie du bist!