Meisterwerke der Musik, Literatur, Architektur und Malerei

Konstanz wurde während der Zeit des Konzils zum Mittelpunkt des christlichen Abendlandes und zum Anlaufpunkt für Künstler aus ganz Europa. Das Konstanzer Konzil diente auch als eine Art "Jobbörse" für Künstler, die an verschiedene Königshöfe vermittelt wurden. So heuerte König Sigismund vor seiner Abreise aus Konstanz internationale Künstler und Meister an, darunter Antonio Pisanello, der eines der bekanntesten Porträts Sigismunds malte und heute als einer der Wegbereiter der Renaissance gilt. Ein weiteres Porträt des Königs befindet sich in Form einer Wandmalerei in der Augustinerkirche in Konstanz. Trotz erheblicher Überarbeitung stellen die Fresken ein beeindruckendes spätgotisches Kunstwerk und zugleich ein bedeutendes Zeugnis des Konstanzer Konzils dar.

Die Kunstszene um 1400 war sehr mobil, Künstler und ihre Werkstätten reisten zu ihren Auftraggebern. Als Resultat zeigte beispielsweise die Internationale Gotik über nationale Grenzen hinweg ähnliche Merkmale auf. Der gesamteuropäische "weiche" oder "schöne Stil" ist maßgeblich geprägt durch eine fließende Bewegtheit und Lebendigkeit. Zu den Aushängeschildern schlechthin wurden die sogenannten "Schönen Madonnen", in S-Form geschwungene Marien mit Kind. Erste Wegbereiter einer neuen Formensprache experimentierten aber bereits in Skulptur und Malerei mit realistischen und naturalistischen Darstellungen, darunter besonders hervorzuheben Claus Sluter, Mitbegründer der burgundischen Kunstschule.

Konstanz wurde zu einem Ort künstlerischer Impulse und auch die Literaturgeschichte wurde hier vorangetrieben. Besonders engagierte italienische Humanisten machten sich auf die Suche nach begehrten Schriften klassischer Autoren, die in ihrer Heimat längst als verschollen galten. Poggio Bracciolini, einer der bedeutendsten Humanisten zur damaligen Zeit, machte "Jagd" auf Bücher aus den nahe gelegenen Klosterbibliotheken, darunter heute berühmte Schriften von Quintilian, Vitruv oder Cicero. Zur Weiterverbreitung der Schriften behalf man sich vor der Erfindung des Buchdrucks mit einer ganz besonderen Technik, der sogenannten "Pronuntiatio": Gelehrte diktierten hierbei ganze Werke, die von mehreren Schreibern gleichzeitig kopiert wurden.

Um 1400 zeichnete sich der Umbruch in eine neue Zeit ab. Dieser Wandel zeigte sich schon bald nach dem Konzil in der Architektur am Bodensee. Das Haus zur Katz in der Katzgasse gilt als einer der ersten Renaissance-Bauten nördlich der Alpen. Es wurde 1424 aus Rorschacher Sandstein im Buckelquaderstil erbaut, nach dem Vorbild des Palazzo Vecchio in Florenz.

Neben dem Erscheinungsbild änderte sich auch der Klangraum der Stadt, die zur offenen Bühne für musikalische Talente wurde. Der Chronist Ulrich Richental berichtet von 1.700 Spielleuten und Sängern, die die Stadt unterhielten. Die Mehrstimmigkeit vokaler Gesänge entwickelte sich in dieser Zeit rasant. Bislang regional ausgeprägte Stilvarianten trafen am Bodensee aufeinander und mischten sich. Die "Großen" der europäischen Musikszene, wie Guillaume Dufay oder John Dunstable, waren womöglich vom regen Austausch während der Zeit des Konzils geprägt. Der wohl berühmteste Konstanzer Konzilmusiker war der Tiroler Ritter Oswald von Wolkenstein. Er griff nicht nur die verschiedenen nationalen Dialekte auf, sondern experimentierte auch mit dem Sprachklang der zahlreichen Nationen, die am Konzil in Konstanz vertreten waren. (N.M.)