Der Deutsche Orden und Polen-Litauen im Konflikt

Pompöse Gesandtschaften, angeführt von jeweils einem Erzbischof schickten der Deutsche Orden sowie die Länder Polen und Litauen nach Konstanz. Doch weshalb legten sie so viel Wert auf den Eindruck, den allein die Ankunft dieser Gesandten machen musste? Um die Absichten zu verstehen, muss man einen Blick auf die Geschehnisse im Vorfeld des Konzils werfen.

Nachdem der Deutsche Orden den ursprünglichen Sinn seiner Existenz, den Schutz von Pilgern, verloren hatte, suchten sich die Ordensmeister eine neue Aufgabe: Die Christianisierung von heidnischen Ländern in Nordosteuropa, im Schwerpunkt das Gebiet Polen-Litauen.

In der Schlacht bei Tannenberg 1410 gipfelte der Konflikt zwischen den in Personalunion vereinten Länder Polen und Litauen, die ja schon christlich waren, und dem Deutschen Orden. Die Ritter des Ordens unterlagen haushoch.

Doch der Konflikt war damit nicht beendet und sollte nun vor dem Konstanzer Konzil ausgetragen werden. Das Konzil beschäftigte eine Kommission mit dem Problem. Erst als 60 neugetaufte Samaiten, Bewohner des heutigen Niederlitauens, in Konstanz ankamen und für Aufsehen sorgten, befasste sich die Versammlung mit dem Thema der Missionierung der Samaiten.

Die Ritter des Ordens und die Angehörigen des polnisch-litauischen Königs lieferten sich mit Traktaten und Schmähschriften Wortgefechte. Auf Seite des Ordens fiel hier besonders Johannes Falkenberg auf. Seine „Satira“ sorgte für Furore, da der polnische König hierin offen als Häretiker und Heide beschimpft wurde. Das Konzil entschied sich für die Verbannung und Verbrennung des Werkes. Dennoch ist uns heute eine Abschrift erhalten geblieben.

Für die Samaiten sah die Lage besser aus: Eine vom Konzil bestimmte Delegation sollte nach Samogitien reisen, um dort ein Bistum zu gründen. Doch der Orden schritt ein und verhinderte die Einreise der Delegation nach Litauen. Nach einer Zurechtweisung des Konzils und einem zweiten Anlauf der Delegation stand der Gründung des Bistums im Jahr 1417 aber nichts mehr im Wege.

So feiert in den nächsten Jahren nicht nur das Konstanzer Konzil ein Jubiläum, sondern auch das Bistum Samogitien. In Litauen koordiniert die Stadt Telšiai die Jubiläumsfeierlichkeiten. Dort ziert seit 2009 ein Relief der Stadtsilhouette des mittelalterlichen Konstanz die Domtür.

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