Ein Gespräch mit den Lichtkünstlern der ILLUMINATIONEN

 

Das Trio Teresa Renn, Jan Behnstedt-Renn und Patrick Pfeiffer illuminiert vom 6. bis 12. Oktober täglich ab 19 Uhr acht Orte der Konstanzer Altstadt mit faszinierenden Lichtprojektionen, die sich mit den Machtspielen der Konzilzeit auseinandersetzen.
Der Eintritt ist frei. Führungen sind bei der Tourist-Information Konstanz zu buchen: 07531 – 1330 30, www.konstanz-tourismus.de, https://www.reservix.de/tickets-stadtfuehrung-zum-l…/e895518

Kontakt: kontakt@illuminationen.net, www.illuminationen.net

 

Wie kamt ihr auf die Idee, Lichtkunst zu machen?

Wir alle haben beruflich mit visuellen Medien zu tun, kommen aber aus unterschiedlichen Bereichen – Patrick Pfeiffer ist Photograph mit Schwerpunkt Theaterphotographie, Jan Behnstedt-Renn ist Medienhistoriker an der Uni Konstanz und beschäftigt sich unter anderem mit Geschichtsvermittlung im Öffentlichen Raum und Teresa Renn ist Regisseurin und Produzentin für Dokumentarfilme und Videoinstallationen. ILLUMINATIONEN ist unser erstes gemeinsames Lichtkunstprojekt.

Was hat euch zu einem Lichtkunstprojekt bewogen?

Wir sind sehr froh, eine Veranstaltung in diesem Ausmaß durchführen zu können. Als Kunst- und Kulturschaffende, aber auch als kulturinteressierte Konstanzer Bürger ist es unser Anliegen, die Geschichte der Stadt mit künstlerischen Mitteln hier vor Ort und im Raum selbst erfahrbar zu machen. Wir erhoffen uns natürlich, durch die Videoprojektionen die bereits vorhandene künstlerisch-kulturelle Vielfalt der Stadt zu bereichern.
Zugleich haben wir die Stadt selbst durch die inhaltlichen Recherchen, die vielen Ortsbegehungen, aber auch durch die Suche nach Unterstützern und Förderern in sehr vielen Bereichen neu kennengelernt.

Wie kam es zur Kooperation mit der Konzilstadt Konstanz?

Unsere Grundidee, diejenigen Orte und Wahrzeichen der Stadt, denen während des Konstanzer Konzils eine zentrale Bedeutung zukam, auch visuell in Szene zu setzen, stieß überall auf große Begeisterung – allen voran bei der Konzilstadt, aber auch bei unserem Technikpartner J&C Veranstaltungstechnik, bei unseren engagierten Sponsoren, den Standortgebern oder den Mitarbeitern der städtischen und kirchlichen Verwaltung. Ohne diese großartige Unterstützung unserer Sponsoren und Förderer, aber auch ohne die Bürger der Stadt, die uns sowohl die Projektionsflächen als auch die zahlreichen Beamerstandorte, meist Privatwohnungen, zur Verfügung stellen, wäre ein solch umfangreiches und anspruchsvolles Projekt nicht umzusetzen.

Warum habt ihr euch überhaupt für das Thema Konstanzer Konzil entschieden?

Das Konzil ist in der Erinnerungskultur der Stadt als zentraler Bestandteil des historischen und kulturellen Selbstverständnisses natürlich sehr präsent. Dass das Konzilsereignis eine enorme Fülle an Inspiration bietet, zeigen gerade auch die zahlreichen Kunst- und Kulturprojekte im Rahmen des aktuellen Jubiläums. Dass wir uns vor allem mit Machtspielen beschäftigen, liegt allein deswegen schon nahe, weil die theologischen Fragestellungen rund um das Schisma und die Einberufung des Konzils von Fragen nach Machtverhältnissen überhaupt nicht zu trennen sind. Konstanz wird ja nicht nicht nur zur internationalen Drehscheibe für innerkirchliche Auseinandersetzungen, sondern vor allem auch ein internationales, politisches Gravitationszentrum. Das Konzil spielt aber nicht nur im Sinne der Großwetterlage zwischen den unterschiedlichen europäischen Herrschaftsträgern und ihren Ambitionen eine zentrale Rolle. Bereits die grundlegende Frage, wer eigentlich die Kirche verkörpert - der Papst, das Konzil, beide - ist eine Frage nach der Klärung von Herrschaftsverhältnissen.

Muss man also bereits Wissen über das Konzil mitbringen?

Es soll bei unserem Kunstprojekt nicht um didaktische Geschichtsvermittlung gehen, sondern um themenbezogene Lichtkunst im öffentlichen Raum, der zugleich der historisch gewachsene Raum unserer Gegenwart ist. Das bietet auch die Möglichkeit, tatsächliche Geschehnisse frei interpretieren zu können und damit einem breiten Publikum sinnlich erfahrbar zu machen. Die Herausforderung, dabei nicht mit klassischen Projektionsflächen wie Leinwänden zu arbeiten, sondern mit Fassaden und historischer Architektur samt ihren unterschiedlichen Strukturen und Besonderheiten, stellt einen ganz besonderen Reiz dar. Historische Hintergründe lassen sich dennoch sowohl in unserer Broschüre als auch auf unserer Website nachlesen.

Was zeigen eure Projektionen? Illuminiert ihr ganze Geschichten oder arbeitet ihr mit Einzelbildern?

Was genau zu sehen sein wird, wollen wir jetzt noch nicht verraten. Wir erzählen aber keine stringente Geschichte, dazu ist das Thema viel zu komplex, sondern setzen unterschiedliche Aspekte oder Kategorien von Machtausübung visuell um. Dabei werden an acht Standorten in der Altstadt großflächige Videosequenzen und Text-Bildkombinationen auf Fassaden oder Gebäude projiziert. Das kann dokumentarisch gedrehtes Filmmaterial sein, Animationen, Zeichnungen oder Kombinationen, die sich abwechseln. Jedem Ort ist dabei eine ihm entsprechende Thematik zugeordnet, so dass die Projektionen und die Standorte eine lokale, visuelle und thematische Einheit bilden. Leitworte wie VERBANNEN, VERGELTEN, VERFÜHREN, VERRATEN oder VERBINDEN setzen sich so zu einer Topografie von Machtspielen in der Konstanzer Innenstadt zusammen, die täglich ab 19 Uhr erkundet werden kann. Die einzelnen Lichtinstallationen folgen dabei natürlich trotzdem einer eigenen Dramaturgie, sodass sich aus dem Zusammenspiel von Illumination, Architektur und Videoprojektion auch eine erzählerische Spannung entwickelt. Idealer Weise kann man dann sehen, dass es zwischen Lichtkunst und Macht einen Zusammenhang gibt – man kann sich nicht entziehen, man muss oder sollte hinsehen.

Wie setzt Ihr die Projektionen technisch um?

Die Videoprojektionen bestehen zum größten Teil aus selbstgedrehtem Filmmaterial. Bei der Aufbereitung des Materials arbeiten wir teilweise mit Projection-Mapping- und Animationssoftware. Am Konzil werden hingegen 15 LED-Monitore installiert. Die mächtigsten Projektionen werden mit lichtstarken Beamern auf die Gebäude und Flächen aus gegenüberliegenden Gebäuden projiziert. An diesen Standorten konnten wir die Hausbesitzer oder Mieter dafür gewinnen, unser Projekt zu unterstützen, indem sie uns ihre Wohnungen als Beamerstandorte für die Projektwoche zur Verfügung stellen. Diese Kooperation mit den Konstanzer Bürgern als auch mit den Sponsoren, die sogenannte „Beamerpatenschaften" übernehmen, war maßgebend für das Projekt und die Grundvoraussetzung für dessen Umsetzbarkeit. Ebenso entscheidend war, dass wir mit J&C Veranstaltungstechnik einen starken technischen Partner an unserer Seite haben.

Für wen ist die Lichtkunst geeignet?

Allein, dass hier ganze Gebäudeflächen visuell inszeniert und verfremdet werden, ist bereits ein Überraschungsmoment, das die Bürgerinnen und Bürger, die Besucherinnen und Besucher, Menschen aller Altersgruppen, mit und ohne historischem Hintergrundwissen gleichermaßen ansprechen soll. Jede Projektion steht für sich und funktioniert unabhängig von der restlichen Route. Da die Videoprojektionen zwischen drei und fünf Minuten dauern, lässt sich aber auch der ganze Parcours bei einem abendlichen Spaziergang sehr gut erschließen. Mit dem Wissen um die betreffenden Konzilereignisse oder um die Bedeutung der Standorte, erschließen sich sicher noch weitere Bedeutungsebenen. Sie geben dem Betrachter die Möglichkeit, noch einmal einen anderen Zugang zum Ort und zum Thema der Projektion zu finden.
Während der Veranstaltungswoche werden durch die Tourist-Info auch öffentliche ILLUMINATIONEN-Stadtführungen entlang der Standorte angeboten, bei denen man vom Wissen der Konstanzer Stadtführer profitiert, die geschichtliche Hintergründe und Fakten sehr charmant mit mittelalterlichen Anekdoten zu mischen wissen.

Wo genau sind die Projektionen zu finden?

Die Projektionen sind auf acht Standorte in der Konstanzer Altstadt verteilt: am Schnetztor, an der Dreifaltigkeitskirche, an der Marktstättenunterführung, am Konzil, am Hohen Haus in der Zollernstrasse, am Münster und in der Niederburg. Die Imperia als Schirmherrin des Konziljahres wird ebenfalls miteinbezogen. Auf der Website und in der Broschüre ist zur Orientierung eine Karte zu finden, der man folgen kann.

Was reizt euch besonders daran, historische Bausubstanz mithilfe moderner Technik in ein anderes Licht zu rücken?

Der größte Reiz ist sicher, mit den Gegebenheiten der historischen Bauten zu arbeiten und sich auf Mauern, Fassaden und Bodenflächen künstlerisch auszudrücken, ohne diese dabei zu verändern. So haben wir absichtlich darauf verzichtet, eigene Projektionsflächen wie zum Beispiel weiße Leinwände zu errichten oder zu viel Animationsaufwand zu betreiben. Mit die spannendste Aufgabe war es, die historischen und die thematischen Bezüge zum Konzil mit den lokalen und architektonischen Besonderheiten eines Ortes zu verbinden. Wir arbeiten dabei ohne Ton und verlassen uns auf die visuelle Kraft der Motive. Alle BürgerInnen und BesucheInnenr sind natürlich ganz herzlich eingeladen, sich am 6. Oktober 2016 bei der feierlichen Eröffnung im und am Münster ein Bild von unserem Projekt zu machen. Ausschließlich bei der Eröffnung werden die Projektionen auch um eine Sounddimension zur audiovisuellen Einheit erweitert, bevor um 19 Uhr an allen Standorten die Projektionen beginnen.

Wie sieht die Zukunft der ILLUMINATIONEN aus?

ILLUMINATIONEN ist sicherlich nicht das letzte Lichtkunstprojekt in Konstanz. Man darf gespannt sein...

 

Die Illuminationen sind möglich durch die Unterstützung von J & C Veranstaltungstechnik, Wohnform, Bent Sørensen, Niessing Konstanz, Konzilstadt Konstanz, Horta Immobilien, BNI Konstanz, Stadtwerke Konstanz, Firma Ley, KonTour e.V. Benjamin Güller und der Säntis-Schwebebahn.

 

Bilder
links: Karte der acht Orte © Illuminationen GbR, Patrick Pfeiffer
rechts: Montage der Marktstätte © Illuminationen GbR, Patrick Pfeiffer