Unter dem Motto "Zsamme gohts bessr"!

Wohl kaum eine Stadt hat in den Jahren 1414 bis 1418 so stark unter Wohnungsknappheit gelitten wie Konstanz. 600 Jahre später sind global viele Städte mit dem Thema konfrontiert. Die so genannten Schwarmstädte suchen händeringend nach Konzepten, in Deutschland umso dringlicher, seit die Zahl der Flüchtlinge, die hier Zuflucht suchen, stark gewachsen ist.

Mit Kunst im öffentlichen Raum und überraschenden Aktionen geht die Kampagne „83 – Konstanz integriert" ganz neue Wege, um Wohnraum zu heben. Sie hat zum Ziel, für 83 Geflüchtete eine private Unterkunft bei Einheimischen zu finden, eine pro tausend Einwohner. Dabei will man nicht den überhitzten Wohnungsmarkt noch weiter befeuern. Gesucht wird leerstehender, inaktiver Wohnraum, der ohnehin nicht vermietet würde. „Es gibt zum Beispiel ungenutzte Gästezimmer, ehemalige Kinderzimmer oder freie WG-Zimmer", erläutert die Soziologin Nicole Dillschnitter, die die Kampagne mit Filmemacher Till Hastreiter und Andreas Bechtold, Professor an der HTWG, angestoßen hat.

Die Kampagne will nicht nur Integration ermöglichen, sondern übernimmt auch die Vermittlung zwischen Vermieter und künftigem Mieter. Schon 16 Zimmer sind seit Kampagnenstart Ende Januar angeboten worden. Sechs Flüchtlinge, die alles verloren haben, leben nach der Vermittlung von 83 unter Konstanzern, darunter eine 36-jährige Witwe aus Gambia mit ihren drei Kindern. Dass sie eine Bleibe gefunden hat, ist ein Riesenglück, gerade für ihre Kinder, die nach der Flucht nichts mehr brauchen als ein stabiles Umfeld, um ins Leben zurückzufinden.

Das Vermittlungsteam steht mit verschiedenen Schnittstellen der Flüchtlingshilfe in Kontakt. Es bringt mit viel Gespür und Rücksicht auf die jeweiligen Wünsche Vermieter und Mieter zusammen. „Unser Ziel ist nicht, möglichst schnell eine Vermittlung zu Ende zu bringen, sondern eine nachhaltige Vermittlung zu organisieren", betont Teamleiterin Jelena Atanackovic. Vermittelt werden nur anerkannte Flüchtlinge, die eine Bleibeperspektive haben. Geschlossen wird ein ganz normaler Mietvertrag – mit Rechten und Pflichten.

Über allem steht das Motto „Zsamme gohts bessr." Denn nur im unmittelbaren Kontakt mit den Menschen vor Ort, so die Überzeugung der Projektmitarbeiter, könne Integration gelingen. Unterstützung findet die Kampagne im Handel, von IHK, Handwerkskammer, den Hochschulen, aus Kultur und Sport. Katholisches und evangelisches Dekanat helfen mit, Schirmherr ist Oberbürgermeister Uli Burchardt.

Im Stadtbild ist die Kampagne als Kunstaktion unübersehbar: Eine drei Meter hohe „83" leuchtet je auf der Moschee, auf dem Bodenseeforum Konstanz, an der Universität und dem dem L-Gebäude der HTWG. Und jeder, der zu den Abendstunden über den Münsterplatz geht, kann über eine Projektion auf dem Münsterturm den Countdown zur 83 verfolgen - und mit jedem neuen Angebot sehen, dass Konstanz wie vor 600 Jahren Wege findet, der Wohnungsknappheit zu trotzen und in schwierigen Zeit zusammenzurücken kann.

Infos: www.83integriert.de, Tel. 0049 152 2899 67 41