Was fällt Dir zum Mittelalter ein? Burgen und Ritterspiele? Richtig, aber Du hast etwas vergessen, das sich direkt vor Deiner Haustür abgespielt hat: Das Konstanzer Konzil. „Noch nie davon gehört!“ sagst Du? Dann erzählen wir es Dir jetzt.

Im 15. Jahrhundert gab es gleichzeitig drei Päpste. Drei? Richtig gelesen. 1378 wurde in Rom ein neuer Papst gewählt. Er war Italiener. Das passte den französischen Kardinälen überhaupt nicht. Sie reisten zurück nach Frankreich, und wählten einen anderen Papst. Dann gab es zwei Päpste. Die Kardinäle waren damit nicht glücklich und trafen sich, um das Problem mit den zwei Päpsten zu lösen. Eine solche Versammlung, auf der christliche Angelegenheiten besprochen werden, nennt man Konzil. In Pisa wählten die Kardinäle einen neuen Papst. Die beiden anderen wollten ihre Macht aber nicht abgeben und so gab es ab 1409 schließlich drei Päpste!

Kannst Du Dir dieses Durcheinander vorstellen? Keiner war sich mehr sicher, welchem Papst er zugehörte und nach wessen Regeln er leben sollte. Das konnte nicht so bleiben. König Sigismund wollte daher die Kirchenspaltung beenden. Er überredete einen der Päpste, Johannes XXIII., zur Einberufung eines neuen Konzils in Konstanz. Sigismund gelang es, dass Vertreter der drei Päpste und alle wichtigen Herrscher kamen. Aber auch Kaufleute und Gaukler aus ganz Europa kamen an den Bodensee. Die Leute reisten zu Fuß, auf dem Pferderücken oder mit dem Schiff. Insgesamt sollen zwischen 1414 und 1418 über 70.000 Menschen hier gewesen sein! Konstanz hatte damals aber nur 6.000 Einwohner – enorm, oder?

Das alles wissen wir unter anderem von Ulrich Richental. Er war Geschichtsschreiber und hat versucht, alles aufzuschreiben, was damals passiert ist. Außerdem ließ er Bilder dazu malen, entstanden ist fast so etwas wie ein mittelalterlicher Comic. Darin steht nicht nur, was die Leute damals so gegessen haben oder wer zum Konzil kam, sondern auch wie es mit der Kirchenspaltung weiterging:

Die drei Päpste wollten alle drei Papst bleiben. Johannes XXIII. kam sogar extra nach Konstanz, um wiedergewählt zu werden. Er bemerkte aber schnell, dass das nichts werden würde. Also floh er nachts heimlich verkleidet aus der Stadt. Dem Konzil gelang es aber, ihn gefangen zu nehmen und abzusetzen. Der zweite Papst trat dann von alleine zurück und der dritte wurde ebenfalls abgesetzt. Somit war der Weg frei für die Papstwahl: 1417 wurde im Kaufhaus am Hafen, dem heutigen Konzilgebäude, der neue Papst Martin V. gewählt. Das Gebäude hat sonst aber nichts mit dem Konzil zu tun, denn alle Versammlungen des Konzils haben im Münster stattgefunden.

Die Teilnehmer des Konzils haben nicht nur über Religion und Glauben gesprochen und gestritten. Weil so viele Herrscher aus ganz Europa in Konstanz waren, war auch Politik sehr wichtig. Viele wichtige Entscheidungen wurden hier getroffen und Konstanz war fast so etwas wie eine Hauptstadt. Die Teilnehmer brachten aus ihren Ländern auch Theaterstücke, Bücher und Geschichten mit und tauschten sie untereinander aus. So haben sich diese Bücher und Geschichten in ganz Europa verbreitet. Ganz ohne Internet und Bibliothek!

Das Konstanzer Konzil einfach erklärt

Marktszene

Teilnehmer des Konstanzer Konzils