Im Winter 2001/2002 wurde in Trossingen bei einer Notgrabung ein merowingerzeitliches Grab geborgen. Ein etwa 40 Jahre alter Mann war im Herbst des Jahres 580 dort beigesetzt worden war. Die größte Sensation war eine dem Toten ins Grab gelegte Leier. Es handelt sich um eine erstmals nahezu vollständig erhaltene Leier, inklusive der sechs Wirbel und des Leierstegs. Nur die Saiten und der Saitenhalter wurden nicht gefunden.

Besonders interessant sind die Schallöcher in den Jocharmen und auf der Resonanzdecke sowie die künstlerisch hochstehenden Ritz-Verzierungen auf der Vorder- und Rückseite des Instruments. Die Trossinger Leier stellt zusammen mit den anderen Funden frühmittelalterlicher Leiern in ganz Europa spannende instrumentenkundliche und aufführungspraktische Fragen:

Was wurde auf einer solchen Leier gespielt? Wie klang sie? Wie wurde sie gespielt? Wer waren die Spieler, wer die Zuhörer? Zu welchen Anlässen erklang sie?
Diesen Fragen geht ein internationales Symposion mit renommierten Experten aus Musikwissenschaft, Archäologie, Instrumentenbau und Germanistik nach, das vom 8. bis 9. Oktober 2011 im Archäologischen Landesmuseum in Konstanz stattfindet.

Der Ort ist prominent, denn dort wird inzwischen das Original der "Trossinger Leier" in einer Dauerausstellung gezeigt. Es soll aber nicht nur theoretisch über die Leier gesprochen werden, sondern sie soll auch erklingen. In einem Konzert am 8. Oktober 2011 um 20h im Refektorium des ALM geben sich drei führende Experten des Leierspiels ein Stelldichein:  

Benjamin Bagby gilt als einer der führenden Interpreten für Musik des Mittelalters. Besondere Meisterschaft hat er im Vortrag frühmittelalterlicher Epenstoffe wie dem alt-angelsächsischen Epos "Beowulf" mit der Leier erworben, seine Aufführungen sind auf der ganzen Welt gefragt und gefeiert. Daneben erklingen im Konzert auch Auschnitte aus dem "Heliand", einer bereits christlich beeinflussten Dichtung und dem "Hildebrandslied", einem althochdeutschen Epos. 

Stefan Johannes Morent lehrt als Professor für Musikwissenschaft an den Universitäten von Heidelberg und Tübingen und leitet das Ensemble Ordo Virtutum für Musik des Mittelalters. Im Konzert stellt er eine Rekonstruktion des "Georgslieds" vor, der ältesten Heiligendichtung in althochdeutscher Sprache sowie aus dem ebenfalls althochdeutschen "Ludwigslied", das in der Tradition der Heldenlieder steht. 

Graeme Lawson, führender Experte auf dem Gebiet der Leierforschung aus England, stellt den Klang einer Leier vor, die in Sutton Hoo in England gefunden wurde. 

So erklingen in diesem Konzert nicht nur drei verschiedene Leiertypen, sondern auch verschiedene Gattungen von heidnischer und frühchristlicher Dichtung, werden Schlachtenlärm und Versenkung im Gebet erweckt und verschiedene Interpretationsmöglichkeiten des Leierspiels vorgestellt.

8 - 9./10/2011
Internationales Symposion: Die Leier im Frühmittelalter 
10.00 - 18.00 Uhr (Sa); 10.00 - 13.30 Uhr (So)
Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg
Anmeldung bis zum 30. September 2011
über Tel.: +49 (0)7531 - 980 40
Tagungsgebühr 20€, inkl. Konzerteintritt: 30€
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8/10/2011
Leier Dreiklang 
20.00 Uhr
mit Benjamin Bagby, Graeme Lawson, Stefan Johannes Morent
Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Refektorium
Eintritt: 15€, für Teilnehmer am Symposion: 10€

Trossinger Leier

 

Benjamin Bagby

 

Stefan Johannes Morent