Vom Hussenstein zur Imperia

Machen Sie mit uns eine Zeitreise? Stopp – nicht zurück ins Mittelalter, sondern in die Zukunft. In das Jahr 2067, 2114, oder wenn Sie möchten auch 2414. Vielleicht ist der Hussenstein überwuchert, die Imperia dreht sich nicht mehr. Trotzdem erzählen diese beiden Denkmäler noch vom Konstanzer Konzil. Sie erzählen von einem mutigen Reformer und von Hübschlerinnen, die sich zur Zeit des Konzils in der Stadt aufgehalten haben – und sie verraten sogar noch mehr: Sie geben Preis, wie Menschen 1862 oder 1993 über das Konstanzer Konzil gedacht haben.

Ob Stein oder Statue, beide berichten nicht objektiv vom Konstanzer Konzil – und trotzdem können sie Ausgangspunkt sein, um über Geschichte, die mehr als nur das sture Auswendiglernen von aufeinander folgenden Ereignissen darstellt, nachzudenken. Vergangenes wird interpretiert und verarbeitet, unterschiedlich dargestellt – Imperia, Hussenstein, dreiköpfiger Pfau oder Fassadenmalerei, sie alle zeigen unterschiedliche Facetten ein- und desselben Ereignisses, erzählen von den Lebensumständen und der Zeit in der sie entstanden sind. Zugleich zeigt ihr bloßes Dasein, dass „die Geschichte des Konzils im öffentlichen, politischen und sozialen Leben der Stadt" immer wieder „eine wichtige und zentrale Rolle spielt" (Thomas M. Buck).

Auch die Jubiläen des Konstanzer Konzils bilden diesen Facettenreichtum ab: Das Konziljubiläum 1964 setzte andere Schwerpunkte als das kommende Jubiläum oder mögliche Gedenkfeierlichkeiten in hundert Jahren.
Vielleicht würde die Stadt Jan Hus heute ein anderes Denkmal setzen als einen schweren Findling? Wie kam es überhaupt dazu?

Der liberale Bürgermeister Karl Hüetlin dachte bereits 1834 über ein Denkmal für Jan Hus und Hieronymus von Prag nach. Seine Pläne wurden abgeschmettert, ein 1840 auf „Jan Hus" getauftes Dampfschiff in „Helvetia" umbenannt. Erst 20 Jahre später wurde der Grundstein für den Hussenstein gelegt. Was aber hat der Stein ausgelöst?

Ein Blick in die Bücher und das Hus-Museum helfen weiter: 1878 erfolgte die erste Pilgerfahrt gläubiger Tschechen nach Konstanz. Vor 110 Jahren wurde der Hussenstein samt Zaun sogar nachgebaut und war im Rahmen einer Ausstellung in Tábor zu sehen. Wenn der Findling erzählen könnte, würde er auch von den jährlichen Gedenkfeierlichkeiten am 06. Juli berichten: Tschechische Pilger vergewissern sich hier ihrer Identität, zeitgleich ist Hus auch Teil der Konstanzer Geschichte und einer Konstanzer Identität.

Es gibt viele Erinnerungsorte für das Konstanzer Konzil in der Stadt, trotzdem bedeutet ihre Anwesenheit nicht, dass man sie deuten und verstehen kann. Das Konziljubiläum 2014 bis 2018 bietet bereits jetzt Hilfestellungen, diese Erinnerungsorte und ihre Geschichte(n) zu entschlüsseln und von der Gegenwart aus in Vergangenheit und Zukunft zu blicken. Die vielfältigen Veranstaltungen des Jubiläums rücken nicht nur das kirchliche Ereignis in den Mittelpunkt, sondern verstärken den Blick auf die politische, kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung des Konstanzer Konzils.

Hussenstein - Foto: Konzilstadt

Imperia am Konstanzer Hafen - rechte:Achim Mende

Der Pfau am Kaiserbrunnen - Rechte:Konzilstadt