"Endlich unsterblich - Gesundheit und Körperkult als neue Religion?" lautet der Titel des 8. Konstanzer Konzilgesprächs am Freitag, 15. März 2013 um 20 Uhr im Konstanzer Konzil. Unter der Moderation Ursula Nusser (SWR 2) diskutieren Daniel Bahr (Bundesminister für Gesundheit), Dr. Manfred Lütz (Psychiater, katholischer Theologe und Buchautor) sowie die Soziologin Prof. Dr. Paula-Irene Villa (Ludwig-Maximilians-Universität München). Der Eintritt ist frei.
Der Psychiater und katholische Theologe Manfred Lütz ist ein Mann, dem man zum Geburtstag besser nicht „vor allem Gesundheit" wünscht. Die Verklärung der Gesundheit zum „höchsten Gut" regt ihn auf. „Unsere Vorfahren bauten Kathedralen, wir bauen Kliniken. Unsere Vorfahren retteten ihre Seele, wir retten unsere Figur". Die Gesundheit, behauptet er, sei zur neuen Religion geworden. Um den Tod zu vermeiden, führten die Menschen ein Leben voller Verzicht und Kasteiung: „Und so rennen sie durch die Wälder, essen Körner und Schrecklicheres - und sterben dann doch."
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr läuft sogar Marathon und vor dem Lauf isst er Vollkornnudeln. Schlank und fit - so präsentiert sich der Minister der Nation als Vorbild. Dass sich auch die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Freizeit trimmen und auf ihre Ernährung achten, kann ihm nur recht sein. Er empfiehlt sogar Übungen am Arbeitsplatz, sogenannte Schreibtischübungen, um die Muskeln im Nacken und Rückenbereich zu stärken, denn „eine gesunde, leistungsfähige Belegschaft ist ein klarer Wettbewerbsvorteil". „Ohne Gesundheit ist alles nichts" - für die meisten Deutschen ist Gesundheit das Wichtigste im Leben. Was soll daran falsch sein? Wo verläuft die Grenze zwischen Gesundheitsvorsorge und Gesundheitswahn?
Tatsache ist: Der attraktive Körper wird in unserer Gesellschaft immer wichtiger. Wer dick ist und raucht, hat schlechte Karten - auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Partnersuche. Wer mithalten will, arbeitet an seinem Körper - im Kraftraum, beim Joggen, mit Diäten. Unterstützung bekommt er beim Fitnesstrainer, beim Ernährungsberater oder beim Beauty-Coach - und natürlich beim Schönheitschirurgen. Seit Jahren steigt die Zahl der Eingriffe: Nasen werden verkleinert, Brüste vergrößert, Fett wird abgesaugt und der Körper neu modelliert. Jung, schön, straff muss er sein.
Schönheit ist zur heiß begehrten und teuer bezahlten Ware geworden. Die Soziologin Paula-Irene Villa spricht in diesem Zusammenhang von „Leibvergessenheit" und „Körperbesessenheit". Der menschliche Körper werde nur noch als „zu optimierende Materie betrachtet, nicht als lebendiger Leib, der immer auch die Spuren einer individuellen Biographie trägt und damit auch Spuren des Alterns und der Erfahrungen." Der Körper werde nur noch behandelt „wie eine Tasche, ein Möbelstück oder beliebige unbelebte Materie".
Warum ist der Körper zum Status-Symbol, zur kulturellen Inszenierung geworden? Warum ist uns offenbar nichts wichtiger als Gesundheit und ewige Jugend? Und was ist mit denen, die krank sind oder mit einer Behinderung leben müssen?
8. Konstanzer Konzilgespräch
Endlich unsterblich. Gesundheit und Körperkult ale neue Religion?
15. März, 20.00 Uhr
Konzil Konstanz
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