Jan Hus und das Konstanzer Konzil
„Es gibt kein Haupt der katholischen Kirche außer Christus.“
Zur Zeit des Konzils war Jan Hus etwa 44 Jahre alt und hatte bereits eine beachtliche Karriere hinter sich: Als Sohn armer Bauern geboren, besuchte er die Lateinschule, studierte an der Universität in Prag, wurde zum Priester geweiht und 1409 sogar zum Rektor der Prager Universität ernannt.
Im Zuge seiner zehnjährigen Predigertätigkeit an der 1391 gegründeten Bethlehemskapelle kritisierte er seit 1402 in tschechischer Sprache die Missstände der Kirche vor zahlreichen Zuhörern. Die Verwendung seiner Muttersprache machte es erstmals den Gläubigen möglich, die Predigt wirklich zu verstehen, denn zu dieser Zeit war es nach wie vor üblich, auf Latein zu predigen. Es bildete sich ein Kreis ergebener Anhänger, der ihn bei seiner weiteren Tätigkeit begleitete, gleichzeitig machte er sich viele Feinde.
1410 verbot der Prager Erzbischof Hus weiter zu predigen, nachdem auf einer Prager Synode die Lehren des Wyclif, die Hus in Teilen übernommen hatte, feierlich verdammt worden waren. Als Hus sich dem Verbot widersetzte wurde der Fall vor die Kurie in Rom gebracht, die ihn als Ketzer bannte. Hus musste Prag 1412 verlassen und ging nach Südböhmen. „Kein Papst ist in dieser katholischen Kirche Person von allerhöchster Würde außer Christus; also gibt es auch kein Haupt dieser katholischen Kirche außer Christus.“, schrieb Jan Hus in seinem Traktat über den Ämterkauf 1413. Seine im Exil verfassten Schriften fanden eine noch größere Verbreitung als vorher seine mündlichen Predigten und sein Einfluss wurde noch weiter gestärkt.
Böhmischer König war zu dieser Zeit Wenzel, der Bruder des deutsch-römischen Königs Sigismund. Sigismund spekulierte auf die Krone seines Bruders und beabsichtigte, die immer größer werdenden Unruhen in Böhmen zu beenden. Er forderte Jan Hus daher dazu auf, nach Konstanz zu kommen, um dort vor dem Konzil zu sprechen und versprach dem böhmischen Prediger für seine Reise nach Konstanz freies Geleit. Hus war der festen Überzeugung, mit seinen Lehren nicht nur Recht zu haben, sondern auch völlig rechtgläubig zu sein und kam der Einladung in die Bodenseestadt nach. Seine Reise führte ihn von Krakovec in Böhmen quer durch Europa nach Konstanz, wo er am 3. November 1414 ankam. Quartier bezog er in der St. Paulsgasse (heute Hussenstraße) bei der Witwe Fida Pfister.
Gut drei Wochen später, am 28. November 1414, wurde Jan Hus verhaftet und im Verließ des Dominikanerklosters festgesetzt. Die Haftbedingungen dort waren so unerträglich, dass man ihn am 24. März in ein anderes Gefängnis, nun im Gottlieber Schloss, verlegen musste, um zu verhindern, dass er noch vor dem Prozess verstarb. Im Verlauf des Junis 1415 wurde Hus mehrfach verhört und zum Widerruf seiner Lehren gedrängt. Hauptankläger des Prozesses waren der Bischof von Lodi, Giacomo Arrigoni, sowie die französischen Kardinäle Pierre D`Ailly und Guillaume Fillastre.
Hus aber weigerte sich, seine Lehren zu widerrufen und musste dafür mit seinem Leben bezahlen. Am 6. Juli 1415 wurde er als Ketzer zum Tode verurteilt und auf dem Konstanzer Brühl verbrannt. Seine Asche wurde in den Rhein gestreut. Nicht ganz ein Jahr später folgte Hieronymus von Prag, Anhänger und Freund Hus`, ihm auf den Scheiterhaufen.