Von Künstlern und Karrieremachern, Kämpfern und Konzilsverwaltern
Spurensuche jenseits der Verhandlungstische
Mit der Entscheidung, ein Konzil in Konstanz abzuhalten, wurden der Stadt gewaltige Aufgaben aufgebürdet. Die Organisation und Durchführung des Großevents und alle damit verbundenen Entscheidungen oblagen dem Stadtrat, dem Vertreter der Handwerkszünfte und Patrizierfamilien angehörten. Als oberste Institution der Stadt musste der Rat sich darum bemühen, der großen Kirchenversammlung eine Plattform zu bieten, die ein Gelingen der inhaltlichen Verhandlungen ermöglichte.
Als das größte Problem stellte sich die Zufriedenstellung der eigenen Bevölkerung heraus, die über die Dauer von vier Jahren mit allerlei Ungemach wie großer Enge in den Gassen und Häusern oder stark erhöhten Preisen, konfrontiert war. Diese stiegen wegen der plötzlich deutlich größeren Nachfrage durch die Tausenden Besucher in allen Lebensbereichen deutlich an. Und das trotz der recht guten Versorgungssituation, in der sich Konstanz dank der Lage am See und den hervorragenden Handelsbeziehungen befand. Natürlich bekamen nicht nur die Besucher, sondern auch die Einheimischen selbst die gestiegenen Preise zu spüren. Mehrfach versuchte der Rat, diesen Tendenzen entgegenzusteuern und Gäste und Einheimische vor allzu großer Not zu bewahren. Höchstpreise für Lebensmittel, Bedarfsgüter und Unterkünfte wurden festgelegt und sogar Sozialmaßnahmen initiiert: Wem das Geld ausgegangen war, durfte für einen kleinen Lohn aus städtischer Kasse Arbeiten an der Stadtmauer oder im Weinberg verrichten. Höchst ungewöhnlich war auch die Aufhebung des Zunftzwangs, sodass auswärtige Handwerker und Händler in der Stadt ihrem Gewerbe nachgehen durften, wodurch die einheimischen Händler und Handwerker eine große Konkurrenz zu ihrer eigenen Arbeit befürchteten. Der Stadtrat hatte also viel zu tun, um den Sorgen und der Unzufriedenheit der Bevölkerung entgegenzuwirken.
Außerdem verwendete der Rat viel Mühe auf die Einhaltung des Protokolls: Hohe Würdenträger wurden pompös empfangen, prachtvolle Prozessionen durch die Stadt organisiert und sogar das große Kaufhaus – heute allgemein als Konzilgebäude bekannt – geräumt, um darin 1417 das Konklave zu ermöglichen.
Das Gelingen des Konzils hing also wesentlich von der Arbeit des Stadtrates ab, der unermüdlich damit befasst war, sowohl die einheimischen Bürger als auch die vielen internationalen Gäste zufriedenzustellen.
Steffen Reinbold, Leo Reisch