Jan Hus sei ein Ketzer und mit Hilfe der Heiligen Schrift sei festgestellt worden, »daz sin artikel, die er gepredigott und gelert hett, ain rechti falschi kätzery was«. Das berichtet Ulrich Richental in seiner Chronik, kurz bevor er beschreibt, wie Hus vom Konstanzer Konzil als Ketzer verbrannt wurde. Hus war natürlich weder der erste, noch der letzte, dem das Schicksal einer Ketzerverbrennung zu Teil wurde.

Der Begriff der Ketzerei wurde erst im Hochmittelalter gebräuchlich, vorher und auch danach noch wurde unter anderem der gleichbedeutende Begriff der Häresie verwendet. Dieser beschreibt die eigensinnige Auslegung der Heiligen Schrift in einem anderen als vom Heiligen Geist inspirierten Sinn. Häretiker war demnach, wer solche vermeintlichen Irrtümer hartnäckig verteidigte.
Als dauerhafte Erscheinung setzten Ketzerverfolgungen etwa ab dem Jahr 1000 ein. Im 12. und 13. Jahrhundert erreichte das mittelalterliche Ketzerphänomen den Charakter einer Massenbewegung. Die Kirche ging mit äußerst grausamen Methoden gegen von ihnen als häretisch eingestufte Gruppen und Personen vor. Ab dem 13. Jahrhundert wurde der Inquisitionsprozess eingesetzt, der ursprünglich als Disziplinarverfahren gegen Kleriker geschaffen worden war. Da ein Urteil nur bei stichfesten Beweisen gefällt werden konnte, setzte man Folter ein, um vom Angeklagten ein Geständnis zu erpressen. Die Verteidigungsmöglichkeiten wurden bei Ketzerprozessen auf ein Minimum begrenzt. Als Strafe wartete auf einen verurteilten Ketzer in der Regel der Tod auf dem Scheiterhaufen

Infolge dieser vehementen Verfolgung versanken ab dem Ende des 13. Jahrhunderts schließlich die großen, vermeintlich ketzerischen Gruppierungen in der Bedeutungslosigkeit. Stattdessen entstanden innerkirchliche Bewegungen, die viele Ideen und Impulse der Ketzerbewegungen wiederaufgriffen. Die von John Wyclif und den Lollarden in England und später Jan Hus, Hieronymus von Prag und den Hussiten in Böhmen weiterentwickelte Idee einer materiell armen Kirche, die nicht aus sich heraus heilsspendend sei, ist ein Beispiel dafür.

Als eine eigene Form der Häresie galt die Hexerei. Der Begriff selbst trat erst seit dem 15. Jahrhundert auf, vorher wurden verschiedene andere Bezeichnungen verwendet. Als Hexerei galt im weiteren Sinne die Benutzung natürlicher und übernatürlicher Kräfte, die meist angewendet wurden, um eine schädliche Wirkung zu erzielen. Der Glaube an solche Kräfte war im Mittelalter stark verbreitet. Dabei konnten Frauen und Männer der Hexerei beschuldigt werden, wenn es auch wesentlich seltener der Fall war.

Bis weit in das Hochmittelalter hinein wurde die Anwendung von Magie von der Kirche nur mit Bußen belegt, wobei die Bekämpfung des Aberglaubens im Vordergrund stand. Der im 13. Jahrhundert entstandene Sachsenspiegel, das bedeutendste Rechtsbuch des Mittelalters, führte bereits die Feuerstrafe für Ketzerei, Zauberei und Vergiftung auf. Seit etwa 1350 kam es zu ersten größeren Verfolgungen, im 15. Jahrhundert dann zu einer ganzen Reihe von Verfahren im süddeutsch-schweizerischen Raum, in Italien und Frankreich. Auch aus Konstanz sind Fälle überliefert: die Konstanzer Stadtchronik beispielsweise berichtet von einer Hexenverbrennung im Jahre 1453, nachdem eine Wetterhexe durch ein schweres Unwetter die ganze Ernte vernichtet habe. Systematische Hexenverfolgungen gab es im Mittelalter jedoch nicht, sie sind ein Phänomen der Frühen Neuzeit.

 

Bilder:
links: Auf dem Konstanzer Obermarkt wurden Verhandlungen geführt und Verurteilte an den Pranger gestellt. © Ralf Staiger, Archiv pragmadesign / Konzilstadt Konstanz
rechts: Jan Hus wurde vom Konstanzer Konzil als Ketzer verbrannt. © Rosgartenmuseum Konstanz