Unterhaltung während des Konstanzer Konzils

Ganze 1.700 Unterhaltungskünstler zählte Ulrich Richental während des Konzils in seiner Stadt. Auch der päpstliche Sekretär Poggio Bracciolini berichtete in Briefen nach Italien, dass die Luft in der Konzilstadt von ständigem Musizieren, Flötenspiel, Zitherklängen sowie Gesängen erfüllt und die Tage voll von verschiedensten Attraktionen wie Pferderennen oder Fechtspielen gewesen seien.

Die Stadt Konstanz entwickelte sich in den Jahren 1414 bis 1418 zur Bühne des Konstanzer Konzils. Die Einzüge wichtiger Konzilteilnehmer ebenso wie kirchliche Prozessionen wurden inszeniert. Die Besucher zeigten sich flanierend in den Gassen der Stadt oder beschenkten sich öffentlich und vor Publikum gegenseitig, frei nach dem Motto „Sehen und gesehen werden". Es wurden Messen gelesen und Disputationen veranstaltet, festliche Empfänge gestaltet und Turniere abgehalten. Ulrich Richental berichtet in seiner Chronik mehrfach von solchen Turnierkämpfen. Hier kämpften nicht nur ehrenhafte Ritter mit der Lanze gegeneinander, sondern es gab immer auch begleitende Feste, zu denen Musiker spielten und getanzt, gesungen und geschlemmt wurde.

Solch ein Großereignis wie das Konzil in Konstanz zog zahlreiche Fahrende, Spielleute und Künstler geradezu magisch an. Sie hofften, durch die Ausübung ihrer Künste ihre Geldbeutel füllen zu können. Sie tanzten, führten Mysterienspiele oder kleine und große Kunststücke auf oder gaben ihre Lieder zum Besten. Auch das Konzil selbst war Inhalt solcher Lieder – denken wir nur an Oswald von Wolkenstein, der singend über die hohen Preise in der Stadt schimpft oder über die Anhänger von Jan Hus berichtet.

Auch das Spielen mit Karten, Würfeln oder Bällen gehörte in der Stadt zum durchaus üblichen Bild – auch, wenn es eigentlich verboten war, ganz besonders, wenn dabei um Geld gespielt wurde. Die Leute taten es aber trotzdem. Aus Rechtsakten verschiedener Städte erfahren wir, dass die erwischten Spieler mit teilweise nicht unerheblichen Strafen belegt wurden.

Theaterformen wurden ebenfalls inszeniert, auch wenn Theater zur Konzilzeit im städtischen Kontext noch eine etwas andere Form besaß als heute: Es gab kaum professionelle Schauspieler. Die Legenden-, Mysterien-, oder Fastnachtsspiele, die zu bestimmten Zeiten im Jahr stattfanden, führten oftmals Laien aus dem Bürgertum auf. Dabei wurden bis ins 16. Jahrhundert hinein auch die Frauenrollen von Männern übernommen. Daneben gab es auch kirchliche Spiele, wie Oster- und Passionsspiele, die meist vor Kirchen aufgeführt wurden und in denen die Kleriker die Rollen besetzten.

In den Jahren 1414 bis 1418 dürften die Konstanzer Bürgerinnen und Bürger, wie auch die Gäste von außerhalb, sicherlich eine ganze Fülle an neuen Künstlern und Kunstformen, neuen Liedern, Instrumenten, Tänzen und Spielen kennengelernt haben. Musik, Theater und Literatur waren damals, in Zeiten noch lange vor Funk, Fernsehen und Internet – stark regional begrenzt. Die Konzilzeit muss wie ein großes Kunstfestival gewesen sein, wo man Kultur aus allen Himmelsrichtungen kennen lernen konnte. Ob den Besuchern alles, was sie gesehen und gehört haben, gefallen hat, sei dahin gestellt. Aber das geht uns heute mit neuen Kunstformen ja manchmal nicht anders.

 

Bilder:
links: Musiker aus allen Himmelsrichtungen kamen nach Konstanz um mit ihrer Musik Geld zu verdienen. © Ralf Staiger. Archiv pragmadesign / Konzilstadt Konstanz
rechts: Während des Konstanzer Konzils wurden mehrere Turniere abgehalten. © Richentalchronik, Badische Landesbibliothek Karlsruhe, St. Georgen 63