Lebenswelten von Frauen im Mittelalter

Bevormundung durch den Mann, Kochen, Kinder, Handarbeit als Hauptaufgaben und die Wahl zwischen Interessensehe und Kloster – all das verbinden wir mit Frauen im Mittelalter. Aber wie passen Handwerkerfrauen, selbstständige Witwen wie Fida Pfister, die Herbergsmutter des Jan Hus, oder schreibende Frauen wie die französische Philosophin Christine de Pizan in unser Bild? Wie sah das Leben von Frauen zur Zeit des Konzils aus? Welche Möglichkeiten hatten sie, ihr Leben zu gestalten? Es ist schwierig, allgemeine Aussagen zu treffen, da uns hierzu oftmals die Quellen fehlen. Dennoch lassen sich die Lebenswelten einiger Frauen zumindest grob skizzieren. Zwei klassische Lebenswelten stellen wir Ihnen heute vor:

Leben in der Familie: die Ehefrau

Je nach Zeit, Region und individueller Situation befand sich der Platz der Frau zwischen ausgeprägter Bevormundung durch den Ehemann auf der einen Seite oder großer Selbstständigkeit mit eigener Berufstätigkeit und einem gewissen Verfügungsrecht über das eheliche Vermögen auf der anderen Seite. Frauen konnten ein Handwerk erlernen und ausüben und damit Mitglied in einer Zunft sein, sie konnten im Handel tätig sein – mit oder ohne Ehemann – gleichzeitig aber auch durch ausgeprägte Vormundschaft durch den Mann benachteiligt werden.
Zur Heirat einer jungen Frau war im Spätmittelalter die Einwilligung der Eltern notwendig. In der Ehe gab es rechtlich keine Gleichberechtigung, der Mann besaß die Vormundschaft über Ehefrau und Kinder. Auch wog beispielsweise die Untreue der Ehefrau wesentlich schwerer als die des Mannes. Witwen hingegen besaßen zur Konzilzeit eine verhältnismäßig große Selbstständigkeit: Sie konnten sich ihren rechtlichen Vormund selbst aussuchen und die Erziehung der Kinder übernehmen.

 

Bilder:
Königin Barbara und ihr Gefolge wurde im Rahmen des Königeinzuges geehrt...

Leben in religiöser Gemeinschaft: Die Nonne

Eine Alternative für eine mittelalterliche Frau war ein Leben im Kloster mit seinen strengen Regeln. Die Aufnahme ins Kloster geschah meist bereits im Kindesalter, die Eltern erkauften den Eintritt durch Liegenschaften, Hofgüter, Häuser, Wiesen, Äcker oder Weinberge. Ebenso wie bei den Männern auch gab es verschiedene Orden, die Klöster unterhielten: Benediktinerinnen, Dominikanerinnen, Franziskanerinnen und viele mehr. Sie alle lebten nach bestimmten Ordensregeln. Eine eigene Ordensregel für Frauen gab es nicht, man übernahm, allenfalls in modifizierter Form, die Regeln der Männerorden.

Im Kloster lernten die Frauen Lesen, Schreiben und Gesang. In einigen Klöstern erhielten sie darüber hinaus eine klassische Bildung, liturgische Haltung und ausgeprägte Bibel- und Scholastikkenntnisse. Den Tagesablauf im Nonnenkloster strukturierten die Gebets- und Gottesdienstzeiten. Die Zeiten dazwischen wurden zum Waschen, Lesen, Singen, Essen, dem Abschreiben von Büchern, Handarbeiten, leichter Gartenarbeit oder auch dem Herstellen von Arzneien genutzt.

Frauen zur Zeit des Konstanzer Konzils

Beim Konzil als Kirchenversammlung spielten Nonnen keine große Rolle. In den Teilnehmerlisten beispielsweise stehen zwar zahlreiche Äbte aber keine Äbtissinen verzeichnet. Frauen des weltlichen Bereichs sind ebenso wenig erwähnt. Lediglich Königin Barbara und die adeligen Damen in ihrem Gefolge lassen sich in der Richentalchronik finden. Aus anderen Quellen wissen wir aber, dass Frauen sehr wohl am Geschehen um das Konzil herum beteiligt waren. In welchen Arbeitsbereichen sie aktiv waren, lesen Sie in unserem nächsten Newsletter mit dem Thema „Arbeitswelten der Frau im Mittelalter".

 

 

 

 ...geistliche Frauen nahmen an den Prozessionen teil. © Rosgartenmuseum