Oswald von Wolkenstein - Ein Mann mit vielen Talenten

Er wird als Multitalent bezeichnet, war Ritter, Politiker und gelegentlich Superstar: Die Rede ist von Oswald von Wolkenstein, dessen Biographie sich wie die eines Romanhelden liest und die nicht dem üblichen Lebensentwurf eines Zweitgeborenen im ausgehenden Mittelalter entspricht.

Oswald der Ritter

Bereits als Junge, im Alter von etwa zehn Jahren, verließ Oswald 1387 sein Elternhaus, die Burg Schöneck im Pustertal, und reiste als Knappe im Gefolge eines fahrenden Ritters durch ganz Europa, in den Nahen Osten und nach Nordafrika. Zu seinen Aufgaben gehörten dabei das Versorgen der Pferde, der Transport der ritterlichen Ausrüstung und allerlei Botendienste. Später nahm er als Söldner an Feldzügen teil und reiste nach Preußen, Russland, Litauen, die Tatarei, Türkei, in den Vorderen Orient, nach Italien, Frankreich, Spanien, über das Schwarze Meer und nach Aragón.

Oswald der Künstler

Doch Oswalds Karriere endete nicht als einfacher Ritter! Er war ungemein geschickt im Umgang mit Geige, Trompete, Pauke und Flöte und verfasste Zeit seines Lebens weit über 100 Lieder und ebenso viele Kompositionen. Dabei verarbeitete er die zahlreichen Eindrücke, die er auf seinen Reisen sammeln konnte zu komischen, manchmal tragischen und oftmals auch sehr kritischen Texten. Er schrieb Lieder zu Tanz und zum Trank, Reiselieder, sinnliche Liebeslieder, höfische Lieder, aber auch politische und religiöse Lieder. Seine Gesangeskunst öffnete ihm die Türen an Höfen innerhalb und außerhalb des Heiligen Römischen Reichs. So gab er unter anderem im Jahr 1416 Konzerte für die französische Königin Isabeau in Paris. Die aragonische Königinwitwe Margarete von Prades verlieh ihm sogar einen goldenen Ring für besondere Sangeskunst! Die vielen, in seine Kunst einbezogenen biographischen Bezüge zeigen, dass Oswald mit seinem Kunstverständnis seiner Zeit weit voraus war. Neben seinen Betätigungen als Ritter und Künstler besaß er außerdem enormes diplomatisches Geschick, das ihm zudem eine Karriere als Diplomat ermöglichte und weit über die klassische Rolle eines Zweitgeborenen hinausreichte.

Oswald der Diplomat

Nachdem er bereits an zahlreichen Landtagen teilgenommen und sich als Schiedsrichter in Streitfragen bewahrt hatte, war Oswald ab 1415 im Dienste König Sigismunds als Sonderbeauftragter beim Konzil in Konstanz aktiv. Der Kontakt zum König, für den er zahlreiche Reisen und Aufträge übernahm, erstreckte sich über Jahrzehnte. Seine umfangreichen Sprachkenntnisse (Latein, Italienisch, Französisch, Kastilisch, Katalanisch sowie Grundkenntnisse in Arabisch, Slowenisch, Griechisch und Russisch) durften ihm dabei sicherlich sehr geholfen haben. Eine der höchsten Auszeichnungen im Rahmen seiner politischen Tätigkeiten erhielt Wolkenstein mit der Aufnahme in den von König Sigismund gegründeten Drachenorden Anfang der 1430er Jahre, dem auch Vlad II., Fürst der Walachei mit dem Beinamen Dracul, angehörte.

Auch während des Konzils beschränkte sich Oswald nicht auf ein einziges Tätigkeitsfeld: Neben seinen diplomatischen Tätigkeiten verfasste er Lieder, in denen er über Missstände in der Stadt spottete, wie fehlende Unterkünfte, Diebstähle und die hohen Preise. Darum dichtete er, leicht mehrdeutig „Do ich gedacht an Podemsee, ze stund tet mir der peutel we“ oder auch „Oh wunnikliches Paradies, wie gar zu Costnitz vind ich dich!“

Bilder: Für die Ausstellung "(w)ortverliebt" im TURM am Kulturzentrum wurden viele neue Bildnisse Wolkensteins geschaffen. © Konzilstadt Konstanz.