Spektakulärer Fund ermöglicht außergewöhnliches Konzert

Zum Abschluss der Festival-Reihe „Europäische Avantgarde um 1400“ präsentieren die Konzilstadt Konstanz und SWR2 Musik aus der Konzilzeit, die in den vorigen Jahren noch nicht zu hören war: Lieder von Oswald von Wolkenstein und liturgische Musik, wie sie von den Sängern am Konstanzer Münster aufgeführt worden sein könnte. Wir haben Prof. Dr. Stefan Morent, den Gründer des Ensembles Ordo Virtutum vorab getroffen, um mehr über sein Konzert und seine fast schon kriminalistische Spurensuche im Konstanzer Stadtarchiv zu erfahren.

Herr Morent, wie hat Musik am Konstanzer Münster während des Konzils geklungen?

Die Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn leider haben sich aus dieser Zeit keine liturgischen Handschriften des Konstanzer Domkapitels erhalten. Man ist also auf Rekonstruktionen angewiesen. Der grundlegende Rahmen ist klar: Auch während des Konzils wurden Messe und Stundengebet gefeiert und gesungen. Für unser Programm haben wir uns die Frage gestellt: Wie könnte z.B. eine Vesper, also das Abendlob der Kirche, im Münster geklungen haben? Sicher spielten dabei die Konstanzer Patrone und Heiligen eine Rolle. Die Sänger am Münster kannten wohl noch nicht die kunstvolle Mehrstimmigkeit aus Frankreich und Italien, die während des Konzils nach Konstanz kam. Aber sie pflegten einfachere mehrstimmige Techniken, um den einstimmigen Choral zu verzieren.

In Ihrem Konzert wird unter anderem Musik zur Verehrung der Konstanzer Heiligen Pelagius, Gebhard und Konrad erklingen.

Um die entsprechende Musik hierfür zu finden, muss man eine beinahe kriminalistische Recherche durchführen. Leider sind offenbar fast alle Handschriften mit den notierten Gesängen aus der ehemaligen Dombibliothek über die Jahrhunderte verloren gegangen. Glücklicherweise wurde aber z.B. der Hl. Pelagius auch auf der Reichenau verehrt und von dort haben sich Handschriften mit Gesängen für ihn und auch für den Hl. Konrad erhalten. Einen besonderen Fund konnte ich bei der Durchsicht liturgischer Fragmente im Stadtarchiv von Konstanz machen.

Sie sind im Stadtarchiv Konstanz auf Fragmente gestoßen. Erzählen Sie uns doch davon!

Auch wenn ganze Handschriften verloren sind, haben sich oft noch einzelne Blätter oder auch nur Teile davon als Fragmente in Archiven erhalten. Auch im Stadtarchiv Konstanz gibt es viele solcher liturgischer Fragmente. Das ist dann oft wie ein Puzzlespiel, weil man die einzelnen Teile erst zusammensetzen muss. Am Ende ist es aber sehr aufregend, wenn man etwas Neues gefunden hat.

Was ist das Besondere an Ihrem Fund im Konstanzer Stadtarchiv?

Es gibt dort viele Fragmente, die aus den ehemaligen Konstanzer Klöstern und Kirchen stammen. Besonders interessant ist ein Einzelblatt, auf dem eine mit Neumen versehene Fassung des Hymnus O preclara Constantia auf den Hl. Konrad aus dem 12. Jh. erhalten ist. Diese frühe Fassung war bisher nicht bekannt. Man musste auf spätere Überlieferungen mit vielen Veränderungen zurückgreifen. Diese können nun durch das Fragment korrigiert werden und man erhält eine ursprünglichere Fassung. Also für Konstanz und seine Musikgeschichte ein ganz besonderer Fund!

Wer noch mehr über die Konzerte und deren Bezug zum Konstanzer Konzil erfahren möchte, ist herzlich zu den kurzweilige Einführungen eine Stunde vor Konzertbeginn in den „Freiräumen“ eingeladen. Der Zugang erfolgt über den Hofgarten – Vor der Halde/Ecke Hofhalde.

Lassen Sie die Musik der Festivals von 2014-2017 Revue passieren: Am 21. April um 19.05 Uhr können Sie auf SWR2 Ausschnitte aus Konzerten der vergangenen Jubiläumsjahre genießen.

ENSEMBLE ORDO VIRTUTUM
Liturgische Musik am Münster Konstanz
Donnerstag, 19. April 2018, 20 Uhr, Konstanzer Münster

ENSEMBLE SEQUENTIA
Oswald in Konstanz
Freitag, 20. April 2018, 20 Uhr, Concept Store Sankt Johann

Eintritt: AK: 20 €, ermäßigt 15 €, VVK: 16 €, ermäßigt 12 €

Tickets gibt es bis 18.4. an allen Vorverkaufsstellen des Theater Konstanz oder an der Abendkasse.

Fotos: Dem Konzert des Ensembles Ordo Virtutum ging eine kriminalistische Recherche im Konstanzer Stadtarchiv voraus. © Ordo Virtutum.
Das Ensemble Sequentia lädt zu Liedern Oswalds von Wolkenstein ein. © Ensemble Sequentia.
Fragment der liturgischen Handschrift mit dem Hymnus "O preclara Constancia" © Stadtarchiv Konstaz, Fragmentsammlung; Foto: Stefan Morent.