Oswald von Wolkenstein und das Konstanzer Konzil

Oswald von Wolkenstein gilt als Paradebeispiel eines spätmittelalterlichen Ritters. Weniger jedoch wegen seines Äußeren - ein bekanntes zeitgenössisches Portrait zeigt ihn mit hängendem rechtem Augenlid, das auf eine angeborene Missbildung zurückzuführen ist - sondern vor allem wegen seiner ritterlichen Tugenden, über die er aus der Sicht seiner Zeitgenossen verfügt hat.

Geboren wurde Oswald von Wolkenstein wohl zwischen 1376 und 1378 in Südtirol, als jüngerer Sohn einer Adelsfamilie. Schon früh begann er seine zahlreichen Reisen, die ihn nach eigenen Angaben bis ins Heilige Land und in den Orient führten. Wolkenstein gilt als bedeutender Minnesänger und Dichter des Spätmittelalters. Er verfasste weit über 100 Lieder und ebenso viele Kompositionen. Wolkenstein war jedoch auch politisch aktiv, ab 1415 im Dienste König Sigismunds. Während des Konstanzer Konzils prangerte er in seinen Liedern Missstände in der Stadt an, unter anderem die hohen Preise, Diebstahl und fehlende Unterkünfte. Wegen Erbstreitigkeiten wurde Wolkenstein 1421 von einem Tiroler Landsmann gefangengenommen und kam wohl erst 1423 frei.

Sein Kontakt zu König Sigismund erstreckte sich über Jahrzehnte. Nicht immer war das Verhältnis spannungsfrei, einen Höhepunkt erlebte es sicherlich mit der Aufnahme Wolkensteins in den von Sigismund gegründeten Drachenorden Anfang der 1430er-Jahre.

Oswald von Wolkenstein starb im August 1445 in Meran. (jh)

Oswald von Wolkenstein

Martin V. - Der Papst des Konzils

Oddo di Colonna, geboren 1368, war keine 50 Jahre alt, als er durch das Konklave im Konstanzer Kaufhaus 1417 als Martin V. zum Papst gewählt wurde. Bemerkenswert an seiner Wahl war, dass der Kardinal auf dem Konzil bis dahin nicht besonders in Erscheinung getreten war und zudem aufgrund seiner unehelichen Abstammung einen ungewöhnlichen Kandidaten darstellte.

Mit seiner Krönung zum Papst auf dem Konstanzer Münsterhof konnte die große Kirchenspaltung als beendet gelten. Damit war eine der dringendsten Aufgaben des Konstanzer Konzils bewältigt worden. Andere Probleme blieben auch nach Auflösung des Konzils 1418 offen. Martin V. hatte sich daher verpflichtet, dem Reformbedarf der Kirche weiter nachzugehen. Für ihn bedeutete dies aber zuallererst, das Papsttum zu stärken und nach Rom zurückzuführen. Bis 1420 gelang es Martin, die politische Situation des Kirchenstaats zu klären und den Heiligen Stuhl der Stadt zu besetzen. Nach seinem Einzug in Rom eröffnete Martin eine Reihe von Baumaßnahmen, die die heruntergekommene Stadt in das Zeitalter der Renaissance überführten. Eine grundlegende Reform der Kirche strebte er zwar nicht an, dennoch unternahm er einige umfangreiche Neuerungen. Dies war unumgänglich geworden, da die Kritik an der Kirche immer weitere Kreise zog. Gegen die aufsässige Bewegung der Hussiten ging Martin mit äußerster Härte vor und ordnete mehrere Kreuzzüge nach Böhmen an. Ferner hielt sich Martin an die in Konstanz getroffene Vereinbarung, weitere Konzilien zu initiieren, die 1423 in Pavia und 1431 in Basel einberufen wurden. Letzteres erlebte Martin nicht mehr, da er im gleichen Jahr verstarb. (sb)

martin v klein

Imperia - Die "eigentliche" Königin des Konstanzer Konzils

Das Konzil zog zahlreiche Angehörige aller Gewerbe nach sich, die in Konstanz ein gutes Geschäft witterten. Unter ihnen waren auch Prostituierte, deren Zahl der Chronist Ulrich Richental auf 700 bezifferte. Die neun Meter hohe Skulptur der „Imperia“ verkörpert eine dieser Dirnen aus der Konzilszeit. Sie verarbeitet künstlerisch die Doppelmoral der Teilnehmer der Kirchenversammlung, die zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit und Reinheit einberufen worden war.

Der Gestalter Peter Lenk bezog sich mit dem Namen „Imperia“ auf eine literarische Figur von Honoré de Balzac. Die literarische Imperia soll während des Konstanzer Konzils auch die Angehörigen der höchsten Stände verführt haben, die sich allesamt vor ihrer Schönheit beugten und sie damit zur „eigentlichen Königin des Konzils“ erhoben.

Seit 1993 steht die Imperia am Konstanzer Hafen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Konzilgebäude, in dem 1417 das Konklave Martin V. zum Papst wählte. Selbiger ist es auch, an den der auf der emporgehaltenen linken Hand der Statue sitzende Gaukler erinnert. Gegenüber, auf der rechten Hand, maßt sich ein weiterer Gaukler mit Krone und Reichsapfel die Insignien des deutschen Königs an und ähnelt mit seinem charakteristischen Bart auffällig Sigismund von Luxemburg, der das Konzil in Konstanz initiiert und wesentlich mitbestimmt hatte. Die beiden Repräsentanten der weltlichen und geistlichen Macht wirken für den Betrachter allerdings klein und unbedeutend im Vergleich zu ihrer übergroßen „Königin“, die sie mit der Narrenkappe auf dem Kopf wie Spielbälle in den Händen hält. (sb)

themejahre imperia klein

Von Südböhmen bis nach Konstanz – Das Leben des Jan Hus

Jan Hus wurde um 1370 in Husinec in Südböhmen geboren. Wohl um 1390 kam er als Student an die Universität Prag, wo er 1396 zum Magister promovierte. Danach lehrte Hus selbst und besuchte gleichzeitig die theologische Fakultät.

Mit seiner Priesterweihe 1400 begann seine öffentliche Predigertätigkeit, ab 1402 an der Bethlehemkapelle in Prag. Seine Predigten wiesen sehr früh kirchenkritische und reformorientierte Züge auf. Unterstützung erhielt Hus sowohl vom Bürgertum als auch vom Adel.

Zu dieser Zeit verbreiteten sich die Lehren John Wyclifs in Prag. Hus teilte mit Wyclif etwa die Überzeugung, die Bibel als einzige Autorität in Glaubensfragen anzuerkennen.

Trotz Widerstandes seitens der Universität und des Erzbischofs wurde der Einfluss der Wyclif´schen Lehre immer größer. Hus wurde für die kirchenkritische Bewegung nun immer wichtiger. Er genoss weiterhin großes Ansehen und wurde 1409 sogar Rektor der Universität Prag.

Die Zahl der Gegner von Wyclif und Hus wurde allerdings immer größer. Papst Alexander V. erließ eine Bulle, die ein Verbot von Volkspredigten in Böhmen und Mähren beinhaltete. Dies zielte auch auf die Predigertätigkeit von Jan Hus, der sich aber über dieses Verbot hinwegsetzte.

1411 verhängte schließlich Papst Johannes XXIII. den Kirchenbann über Hus. Bald folgte sein Ausschluss aus der Universität. Hus verließ daraufhin Prag und lebte in den folgenden Jahren auf verschiedenen Burgen seiner adligen Unterstützer. Zu dieser Zeit verfasste er eines seiner wichtigsten Werke, den »Tractatus de ecclesia«.

1414 reiste Hus auf Drängen König Wenzels und König Sigismunds und unter Zusicherung freien Geleits zum Konstanzer Konzil. Dort erfolgte nur wenig später seine Verhaftung.

Am 6. Juli 1415 wurde er auf dem Scheiterhaufen verbrannt. (jh)

Jan Hus

Sigismund von Luxemburg – Konzilsmacher oder doch Verräter?

Aus dem Hause Luxemburg stammend, wurde Sigismund als jüngster Sohn von Kaiser Karl IV. 1368 in Nürnberg geboren. Er wuchs zweisprachig auf und lernte fünf weitere Sprachen. Seine Titel und Würden verteilten sich über den ganzen Kontinent: 1411 wurde Sigismund römisch-deutscher König, 1419 König von Böhmen und 1433 – mit 65 Jahren – Deutscher Kaiser. Bei seinem Tod 1437 umfasste sein Reich einen Großteil Europas.

Sigismund erkannte die Notwendigkeit, die abendländische Kirche wieder zu vereinen. Dank seiner europaweiten Vernetzung und guten Verbindungen zu den drei Papstlagern, galt er als angesehener Vermittler.

Den Ruf des Konzilmachers erwarb sich der Luxemburger auch durch geschicktes und schnelles Handeln. So ließ er nach der Flucht von Johannes XXIII. die Stadttore unverzüglich schließen und hielt damit das Konzil zusammen. Dennoch wird sein Wirken in Konstanz auch sehr kritisch gesehen, insbesondere im Zusammenhang mit der Causa Hus.

Bei Sigismunds Ankunft Weihnachten 1414 in Konstanz, saß Jan Hus bereits eingekerkert im Dominikanerkloster – trotz der Zusage des freien Geleits. Sigismund hoffte auf einen Widerruf des böhmischen Reformators, da er dessen Landsleute nicht vor den Kopf stoßen wollte. Als sich abzeichnete, dass Hus nicht widerrufen würde, ließ Sigismund ihn für das große Ziel der Kircheneinheit fallen. Diese wurde in Konstanz erreicht, doch der Makel der Wortbrüchigkeit blieb an Sigismund haften. (rub)

Unterkategorien