Ein Leben ohne Geld erscheint uns undenkbar. Geld ist verführerisch und im Umgang damit ist ein hoher Grad an Verantwortung gefragt.

Die heutigen gesellschaftlichen Wertesysteme sind in Bezug auf den Umgang mit Geld oft durch alte religiöse Grundlagen geprägt, wie beispielsweise das achte Gebot „Du sollst nicht stehlen“ im Christentum oder den Zinsverboten im Islam. Religionen wirken also regulierend, wenn es um „sündige Versuchung“ geht.

Doch der Glaube hat noch weitere Berührungspunkte mit Geld. Religiöse Institutionen beispielsweise benötigen Geld, um Mitarbeiter zu entlohnen, Gebäude zu bauen und zu unterhalten oder Unterstützung zu leisten. Diese Gelder kommen durch Abgaben in Form von Spenden (wie der Kollekte) oder Steuern zusammen. Doch die Bindung an eine Religion ist nicht gleichzusetzen mit der Ausprägung moralischer Stärke. Protzige Bauten oder veruntreute Mittel sind immer wieder Thema.

Solche Fehllei(s)tungen sind jedoch kein Phänomen der Neuzeit. Schon im Mittelalter war das Verhältnis zwischen Geld und Glaube nicht einfach: Quellen berichten von Almosen und kirchlicher Armenfürsorge auf der einen und dem Verkauf teurer Ablassbriefe auf der anderen Seite. Dem ambivalenten Verhältnis von Kirche und Geld widmet das Münzkabinett Winterthur eine Ausstellung (mehr dazu auf Seite xx). Gleichzeitig war die Kirche damals noch viel stärker an der Produktion von Geld beteiligt. Im Bodenseeraum beispielsweise besaßen die Konstanzer Bischöfe über viele Jahrhunderte das wichtigste Münzrecht, d.h., das Recht, Münzen, wie den Konstanzer Heller und Pfennig, herzustellen und zu prägen. Erst im 14. Jahrhundert, das Bistum war durch mehrere ungünstige Ereignisse geschwächt, übernahm die Stadt Konstanz 1367 die bischöfliche Münze.

Der Bodenseeraum war im Mittelalter Teil eines sehr großen Wirtschaftsraums, so dass sich in den Beuteln der örtlichen Händler Münzen aus aller Herren Länder finden ließen: Darunter wertvolle Münzen aus Gold, wie den Rheinischen Gulden für große Geschäfte oder auch Münzen aus hoch- oder geringwertiger Silberlegierung für kleine, alltägliche Geschäfte, wie beispielsweise den Heller. Der Wert der einzelnen Münzen änderte sich jedoch häufig, so dass es für Kaufleute immens wichtig war, den gerade aktuellen Wert zu kennen.

Hin und wieder kam es auch vor, dass jemand sich für ein Geschäft Geld leihen musste. Da es Christen jedoch in der Regel verboten war, Zinsen zu nehmen, hatten sich viele Juden auf den Verleih von Geld spezialisiert. 43 ⅓% Zinsen: Dieser für uns heute unvorstellbar hoch scheinende Zinssatz war bei jüdischen Geldverleihern im mittelalterlichen Bodenseegebiet üblich. Dies nun einfach als Wucher zu bezeichnen, greift aber zu kurz: Der Prozentsatz muss vor dem Hintergrund hoher Abgaben an die Städte und den Kaiser gesehen werden. Dazu kam das Risiko, dass der Kredit nicht zurückgezahlt werden konnte. Jüdischer Kredite bedienten sich vor allem Menschen, die nur kurzfristig kleinere oder größere Summen brauchten. Dass hierzu die Elite der Städte und auch Herrscher und Klöster gehörten, davon zeugen zahlreiche Stadtbücher. Einige sehr seltene Exemplare sind noch bis Ende Oktober im Archäologischen Landesmuseum in der Ausstellung „Zu Gast bei Juden. Leben in der mittelalterlichen Stadt“ zu sehen.

 

Bilder:
links: Alltagswaren wurden zur Konzilzeit mit kleineren Silbermünzen bezahlt. Richentalchronik © Rosgartenmuseum Konstanz
rechts: In Erinnerung an die hohen Preise zu Zeiten des Konstanzer Konzils dichtete Oswald von Wolkenstein „Denk ich an den Bodensee tut mir gleich der Beutel weh ...”