Jan Hus - verraten, verbrannt, verehrt

In der Erinnerung an das Konstanzer Konzil nimmt Jan Hus einen ganz besonderen Stellenwert ein. Der böhmische Theologe und Kirchenreformer wurde 1415 vom Konstanzer Konzil als Ketzer verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Fast viereinhalb Jahrhunderte später schufen sich die Konstanzer jedoch ihren Ort für das Gedenken an Jun Hus: An der vermeindlichen Stelle seiner Hinrichtung wurde 1862 ein großer Findling aufgestellt. Eine erste Initiative für ein Hus-Denkmal war 30 Jahre zuvor am Widerstand der Häuser Habsburg und Baden gescheitert.
Der Hussenstein ist heute das älteste Denkmal für Jan Hus und jedes Jahr Ort des Gedenkens für Hus und seinen Gefährten Hieronymus von Prag. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist es ein internationales Gedenken, denn regelmäßig reisen Tschechen, Slowaken, Schweizer und Menschen anderer Nationalitäten Anfang Juli nach Konstanz, um an einen der Vorläufer der Reformation zu erinnern.

Vortrag und Gedenken zum 602. Todestag
Dieses Jahr findet am 06. Juli 2017 um 18.00 Uhr ein Gedenken am Hussenstein statt. Das Hus-Haus und die Deutsch-Tschechische Vereinigung laden alle Interessierten herzlich ein.
Bereits um 17.00 Uhr spricht der Prager Historiker Pavel Soukup im Deutsch-Tschechischen Begegnungszentrum Palmenhaus über „Das Konstanzer Konzil und die Internationalisierung des Kampfes gegen die Hussiten“. Der Vortrag schließt die Reihe „Böhmen und das Reich zur Zeit des Konstanzer Konzils“ ab. Der Eintritt ist frei.

Von Hus zu Luther
Außerdem ist ein Besuch der aktuellen Sonderausstellung im Hus-Haus sehr empfehlenswert: „Schwan, Gans und Kirche“ erläutert in deutscher und tschechischer Sprache die Bezüge zwischen Jan Hus und Martin Luther 100 Jahre später. Luther sah in Hus zunächst einen Häretiker – bis er sich näher mit seinen Schriften beschäftigte. Nach der Lektür jedoch war Luther gewiss: „Wir sind alle Hussiten, ohne es gewusst zu haben.“

Deutschsprachige Werkausgabe
Für Martin Luther kommt die deutsche Ausgabe der Texte von Jan Hus 500 Jahre zu spät, er musste auf die lateinischen Schriften zugreifen. Für ein deutsches Publikum sind die lateinischen und alttschechischen Werke von Jan Hus heute schwer zugänglich, deutsche Übersetzungen sind seit Jahren nicht mehr auf dem Markt. Es ist den beiden Historikern Armin Kohnle und Thomas Krzenck zu verdanken, dass nun eine Ausgabe wichtiger Hus-Texte aus den Jahren 1403 bis 1415 in neuer deutscher Übersetzung erschienen ist. Hussens Hauptschrift »Von der Kirche« ist erstmals vollständig auf Deutsch zu lesen. Einleitungen und Texte sollen es dem Leser ermöglichen, die Biographie, das theologische Denken und den Hus-Prozess vor und während des Konstanzer Konzils anhand wichtiger, überwiegend von Hus selbst stammender Zeugnisse nachzuvollziehen.
Armin Kohnle, Thomas Krzenck (Hgg):
Johannes Hus. Deutsch
Evangelische Verlagsanstalt Leipzig
98 €