Imperia - Die "eigentliche" Königin des Konstanzer Konzils
Das Konzil zog zahlreiche Angehörige aller Gewerbe nach sich, die in Konstanz ein gutes Geschäft witterten. Unter ihnen waren auch Prostituierte, deren Zahl der Chronist Ulrich Richental auf 700 bezifferte. Die neun Meter hohe Skulptur der „Imperia“ verkörpert eine dieser Dirnen aus der Konzilszeit. Sie verarbeitet künstlerisch die Doppelmoral der Teilnehmer der Kirchenversammlung, die zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit und Reinheit einberufen worden war.
Der Gestalter Peter Lenk bezog sich mit dem Namen „Imperia“ auf eine literarische Figur von Honoré de Balzac. Die literarische Imperia soll während des Konstanzer Konzils auch die Angehörigen der höchsten Stände verführt haben, die sich allesamt vor ihrer Schönheit beugten und sie damit zur „eigentlichen Königin des Konzils“ erhoben.
Seit 1993 steht die Imperia am Konstanzer Hafen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Konzilgebäude, in dem 1417 das Konklave Martin V. zum Papst wählte. Selbiger ist es auch, an den der auf der emporgehaltenen linken Hand der Statue sitzende Gaukler erinnert. Gegenüber, auf der rechten Hand, maßt sich ein weiterer Gaukler mit Krone und Reichsapfel die Insignien des deutschen Königs an und ähnelt mit seinem charakteristischen Bart auffällig Sigismund von Luxemburg, der das Konzil in Konstanz initiiert und wesentlich mitbestimmt hatte. Die beiden Repräsentanten der weltlichen und geistlichen Macht wirken für den Betrachter allerdings klein und unbedeutend im Vergleich zu ihrer übergroßen „Königin“, die sie mit der Narrenkappe auf dem Kopf wie Spielbälle in den Händen hält. (sb)