HIERONYMUS VON PRAG
Am 30. Mai 1416, nicht einmal ein Jahr nach dem Flammentod von Jan Hus, wiederholte sich das grausame Spektakel auf dem Konstanzer Brüel: Hieronymus von Prag, Magister der Universitäten Prag, Paris, Heidelberg und Köln, verurteilt der Ketzerei, starb qualvoll, wie Ulrich Richental zu berichten weiß: „Doch er lebte viel länger als Hus und schrie grauenvoll, denn er war ein feister, starker Mann mit einem schwarzen, dicken, langen Bart. Als er schließlich verbrannt war, wurde die Asche und alles, was nicht verbrannt war, ebenfalls in den Rhein geschüttet. Und viele Gelehrte weinten um ihn, dass ein so gelehrter Mann an Seele und Leib verderben musste, denn er war viel gelehrter als Magister Johannes Hus."
Hieronymus von Prag wurde um 1380 geboren und studierte zunächst an der Prager Universität. Nach Erlangung des Baccalaureus-Grades 1398 brach er zu einer Reise nach Oxford auf, wo er sich intensiv mit den Schriften von John Wyclif beschäftigte. Zurück in Prag trat er um 1401 dem Reformerkreis um Jan Hus bei. 1408 war bei am Erlass des Kuttenberger Dekrets beteiligt, das zum Auszug der deutschsprachigen Lehrer und Studenten führte.
Hieronymus von Prag war ein umtriebiger Gelehrter. Er erwarb insgesamt vier Magistertitel an den Universitäten Prag, Paris, Heidelberg und Köln. Da er aber die Lehren Wyclifs vertrat, kam er immer wieder in den Verdacht der Ketzerei, so dass Hieronymus mehrfach fluchtartig seinen Aufenthaltsort verlassen musste. Er war ein Meister der Rhetorik und reiste viel, unter anderem in diplomatischer Mission 1413 nach Krakau und Litauen.
Hieronymus und das Konstanzer Konzil
Anfang April 1415 eilte Hieronymus trotz aller Warnungen nach Konstanz, um Jan Hus beizustehen. Als er sich der Gefahr bewusst wurde, in der auch er sich befand, versuchte er nach Böhmen zurück zu kehren; wurde unterwegs jedoch gefasst und an das Konzil ausgeliefert. Am 23. Mai 1415 kerkerte man ihn im Konstanzer St. Paulsturm ein. Angesichts der Hinrichtung von Jan Hus widerrief Hieronymus im September 1415. Im Mai 1416 zog er seinen Widerruf jedoch zurück, weil er gegen sein Gewissen gesündigt habe. Er bekannte sich erneut zu den Lehren Wyclifs und Hus'. Dafür wurde er am 30. Mai 1416 im Konstanzer Münster verurteilt, der weltlichen Vollstreckung übergeben und auf dem Brüel verbrannt. Zuvor versprach er seinen Richtern: „Ich aber werde nach meinem Tod ein Biss in eurem Gewissen und ein Nagel in eurem Herzen sein."